110 ToteLuxemburg war kein Empfänger von kanadischen «Suizid-Paketen»
Kenneth Law, Koch eines kanadischen Sternehotels, hat Giftpakete in 40 Länder verschickt. In der Folge wurden bereits mehr als 100 Tote registriert – das Großherzogtum blieb jedoch verschont.

- von
- Ann Guenter
Der Kanadier Kenneth Law war Koch in einem Luxushotel in Ontario. Als Nebenjob verkaufte er indes weniger schmackhafte, dafür tödliche Ingredienzien. Auf einer Reihe von Websites, bot er «Suizid-Ausrüstung» mit tödlichen Chemikalien und Utensilien an. Sein mutmaßliches Motiv: finanzieller Gewinn vor dem Hintergrund saftiger Schulden.
Insgesamt verschickte Law über 1200 solcher Pakete an Adressen in 40 Ländern. Bislang werden weltweit 110 Tote mit Law in Zusammenhang gebracht – es dürften aber mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr sein. Allein in Großbritannien sollen 88 Menschen nach dem Konsum der versandten Chemikalien verstorben sein. Die Verstorbenen waren alle zwischen 16 und 36 Jahre alt.
War Luxemburg auch betroffen?
Auf Anfrage von L'essentiel antwortete ein Sprecher der großherzoglichen Polizei, dass bislang keine Hinweise bekannt seien, «die belegen würden, dass solche Pakete auch nach Luxemburg verschickt worden sind.»
Was wird Law vorgeworfen?

Kenneth Law bei einer Anhörung letzte Woche in Ontario.
Kenneth Law war im Mai in Ontario verhaftet worden, als die Polizei zwei Todesfälle untersuchte, die vermutlich mit dem Konsum der von Law vertriebenen Chemikalie zusammenhingen. Diese wird in der Lebensmittelverarbeitung eingesetzt und kann pur eingenommen mit dem Erstickungstod enden.
In Kanada ist die direkte, aktive Sterbehilfe strafbar. Law drohen bis zu 14 Jahre Haft wegen Beratung oder Beihilfe zum Suizid. Er plädiert auf nicht schuldig.
Was ist die Schwierigkeit?
Auf seinen Webseiten hält Law fest, dass er keine Verantwortung für die vertriebenen Produkte übernehme. Die Ermittler müssen zeigen können, dass der 75-Jährige suizidgefährdete Menschen bewusst beraten hat. Auf Laws Seiten wurde in «Pro-Suizid-Foren» immer wieder verwiesen. Derzeit ist unklar, ob nur gegen Law ermittelt wird oder ob es noch andere Verdächtige gibt.
Was sagen Angehörige?

Hinterbliebener Vater Parfett: «Die Ermittlungen sind zwar willkommen, doch lösten sie das Problem nicht.»
Tom Parfett aus der britischen Grafschaft Surrey verlor seinen Sohn Tom (22) vor zwei Jahren und brachte die Ermittlungen gegen Law ins Rollen. «Die aktuellen Ermittlungen sind zwar willkommen, doch lösten sie das Problem nicht: jene Internetforen, die gefährdete Menschen wie meinen Sohn ermutigen, sich das Leben zu nehmen, und die Mittel verkaufen, mit denen sich Menschen tatsächlich das Leben nehmen können», sagt Parfett. Er befürchtet, dass es viele unregulierte Websites gibt, die für Suizid werben und gefährdete junge Menschen ausnutzen.
Gibt es vergleichbare Fälle?
Ja. Erst im Juli wurde ein 30-Jähriger aus dem niederländischen Eindhoven zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Auch er hatte eine Substanz verkauft, mit der mindestens zehn Menschen Suizid begingen. Zwischen 2018 und 2021 soll er die Substanz an gut 1600 Personen verkauft haben. Assistierter Suizid ist in den Niederlanden zwar legal – aber wie auch in Kanada oder in Luxemburg nur unter strenger medizinischer Aufsicht.