Ägypten – 49 Tote bei Straßenschlachten

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Ägypten49 Tote bei Straßenschlachten

In Kairo sind in 24 Stunden fast 50 Personen ums Leben gekommen – 250 Personen wurden verletzt. Die Polizei hat mehr als tausend Menschen festgenommen.

In Kairo kam es am Samstag den ganzen Tag lang zu Straßenschlachten zwischen der Polizei und Regierungsgegnern. (Bild: Keystone)

In Kairo kam es am Samstag den ganzen Tag lang zu Straßenschlachten zwischen der Polizei und Regierungsgegnern. (Bild: Keystone)

Drei Jahre nach der Revolution von 2011 ist Ägypten tief gespalten. Doch die Übergangsregierung stellt einen Zeitplan für Wahlen auf. Zunächst soll das Staatsoberhaupt bestimmt werden.

Fast 50 Tote, knapp 250 Verletzte: Demonstrationen zum dritten Jahrestag der ägyptischen Revolution von 2011 sind am Wochenende in Strassenschlachten ausgeartet. Während Sicherheitskräfte massiv gegen Anhänger des gestürzten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi vorgingen, jubelten andernorts unbehelligt Massen von Regierungsanhängern. Sie wollen den starken Mann der Übergangsregierung als Präsidenten: Militärchef Abdel Fatah al-Sisi.

Wahlen bis Ende April

Die Präsidentschaftswahlen werden bis Ende April erwartet. Übergangspräsident Adli Mansur kündigte am Sonntag offiziell an, dass zuerst das neue Staatsoberhaupt und erst danach das Parlament gewählt werden soll. Der wahrscheinliche Termin vor Ende April ergibt sich aus der gerade per Volksentscheid gebilligten Verfassung. Demnach müssten die Parlamentswahlen dann bis Ende Juli folgen.

Mansur sagte, die Zunahme terroristischer Angriffe auf die Sicherheitskräfte werde den Übergang des Landes zur Demokratie nicht aushebeln. Gleichzeitig kündigte er an, die Regierung werde «unerbittlich» und «ohne Gnade» gegen die Gewalt vorgehen.

Explosion vor dem Polizeigebäude

Tatsächlich steckt Ägypten aus zwei Gründen in einer schweren politischen Krise: Zum einen geben Mursis Anhänger nicht auf - obwohl die Regierung massiv gegen sie vorgeht. Zum anderen werden Al-Kaida-nahe Extremisten offenbar immer aktiver - so auch am Wochenende.

Nach einer Serie blutiger Anschläge am Vortag explodierte am Samstag nach Angaben der Behörden schon wieder eine Bombe vor einem Polizeigebäude in Kairo, richtete aber nur Sachschaden an. Auf der Sinai-Halbinsel stürzte wenig später ein Militärhubschrauber ab - abgeschossen von Raketen, wie die Extremistengruppe Ansar Beit al-Maktis behauptete. Fünf Soldaten starben nach Regierungsangaben. Ebenfalls mit Raketen angegriffen wurde am Sonntag auf dem Sinai ein Militärbus, drei Soldaten wurden getötet und elf weitere verletzt.

In seiner Bilanz der Strassenproteste am Wochenende sprach das ägyptische Gesundheitsministerium am Sonntag von 49 Toten und 247 Verletzten. Das Innenministerium ergänzte, 1079 Menschen seien festgenommen worden. Mansur kündigte die Freilassung von Personen an, die ohne bestimmten Grund festgehalten werden. Insgesamt wird vermutet, dass inzwischen Tausende Regierungskritiker eingesperrt sind.

Sicherheitskräfte hatten am Samstag Kundgebungen von Regierungsgegnern und Mursi-Anhängern zum Jahrestag der Revolution zerschlagen. Am 25. Januar 2011 hatten die Massendemonstrationen gegen den damaligen Machthaber Husni Mubarak begonnen, der 18 Tage später gestürzt wurde. Danach wurde der Islamist Mursi demokratisch gewählt. Doch gab es im vergangenen Sommer auch gegen ihn Massenproteste, und das Militär enthob ihn am 3. Juli des Amtes.

Reporter von Demonstranten geschlagen

Tausende Unterstützer des Militärs demonstrierten am Samstag am Tahrir-Platz in Kairo für al-Sisi. Viele trugen ägyptische Fahnen. Eine Folklore-Band spielte, Tänzer tanzten dazu. Die Masse forderte, Muslim-Brüder hinzurichten. Auf dem Platz wurde eine Frau von einer Menge bedrängt und geschlagen, die ein konservativ wirkendes Kopftuch trug. Sie wurde verdächtigt, eine Sympathisantin der Muslimbrüder zu sein. Die Menschenmasse bedrängte auch Journalisten. Mehr als ein Dutzend Reporter wurden von den Demonstranten geschlagen.

Mursi-Anhänger verbrannten ihrerseits Porträts von al-Sisi. Sie warfen Steine und Brandsätze auf Sicherheitskräfte. Diese antworteten mit Tränengas und Warnschüssen. Die Islamisten sprechen inzwischen von einer «faschistischen und unterdrückerischen Militärdiktatur». Die mittlerweile verbotene Muslimbruderschaft kündigte an, die Strassen erst zu verlassen, wenn ihre Rechte vollständig wiederhergestellt seien und die Mörder vor Gericht gestellt würden.

(L'essentiel/sda )

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