FernsehjubiläumDie «Sesamstraße» feiert 50. Geburtstag
Das Krümelmonster, Grobi und natürlich Ernie und Bert – Millionen Menschen sind mit ihrer deutschsprachigen Version groß geworden: Die «Sesamstraße» gibt es seit 50 Jahren. 2023 wird ordentlich gefeiert.

18.30 Uhr war lange Jahre «Sesamstraßen»-Zeit.
An den tollpatschigen Grobi als Kellner, Kermit als rasender Reporter oder das Kekse verschlingende Krümelmonster – müssen vermutlich Millionen Menschen denken, die seit den 1970er Jahren mit der «Sesamstraße» aufgewachsen sind. Am 8. Januar hat die deutschsprachige Version des Klassikers 50. Geburtstag.
«Der, die, das, wieso, weshalb, warum?»: 18.30 Uhr war lange Jahre «Sesamstraßen»-Zeit. «Ich habe die Sesamstraße geliebt und jeden Abend auf meine gestreiften Popstars Ernie und Bert gewartet – vorm Fernseher im ebenfalls gestreiften Schlafanzug. Was für ein anarchisches Fernsehglück!», erinnerte sich «Tagesthemen»-Moderatorin Caren Miosga (53) bei der Aufzeichnung der Jubiläumssendung.
Proteste gegen amerikanischen Flair
Erstmals ausgestrahlt wurde die «Sesame Street», so der Originaltitel, am 10. November 1969 im US-Fernsehen. Die Idee, eine Sendung speziell für Vorschulkinder zu machen, hatte die amerikanische Fernsehproduzentin Joan Ganz Cooney. Sie konnte den legendären Puppenspieler Jim Henson für die Sendung gewinnen. «Er hasste die Idee, ein Kleinkinderstar zu sein, aber dann hat er an seine eigenen Kinder gedacht und zugesagt», erinnerte sich Cooney. Die neue Kindersendung richtete sich an sozial schwächere Familien und spielte in einer fiktionalen Straße mitten in New York, mit rauchenden Gullys und scheppernden Mülltonnen.
Als in Deutschland ab 1973 synchronisierte Original-Folgen ausgestrahlt wurden, protestierte ein Bündnis aus Eltern, Erziehern und Wissenschaftlern gegen das Flair der amerikanischen Straßenszenen, das mit der Lebenswelt deutscher Kinder nichts gemein habe. Am 2. Januar 1978 startete eine «deutsche Sesamstraße» als Rahmenhandlung, die der Norddeutsche Rundfunk (NDR) federführend produzierte. Neben einer neuen Kulisse gab es auch zwei neue Puppen: den leichtgläubigen Bären Samson («uiuiuiuiui») und die altkluge Tiffy, die zusammen mit Schauspiel-Stars wie Henning Venske, Liselotte Pulver, Uwe Friedrichsen oder Horst Janson auftraten.
Hast Du die «Sesamstraße» geschaut?
«Die Wahrnehmung und Stärkung der Eigenkompetenz, eine positive Wertevermittlung und ein unmittelbarer Bezug auf die Lebens- und Erfahrungswelt der Vorschulkinder hierzulande sind Grundlage aller Geschichten der Sesamstraße seit 50 Jahren», sagt NDR-Redakteur Holger Hermesmeyer. Damit das Angebot zeitgemäß bleibe, habe der NDR die «Sesamstraße» vielfach weiterentwickelt. Beispiele seien die Reihe «Eine Möhre für zwei» mit den Puppen Wolle und Pferd, ebenso die Ernie & Bert-Songs mit Prominenten – von Herbert Grönemeyer über Helene Fischer bis Jan Delay.
Standen früher noch Zahlen und Buchstaben im Vordergrund, stehen heute eher soziales und emotionales Lernen auf dem Programm. «Leitfragen sind zum Beispiel: Wie gehe ich mit mir und meinen Mitmenschen um? Oder: Wer bin ich? Welche Gefühle habe ich?», sagt Hermesmeyer. Auch Themen wie Natur- und Umweltschutz, Klimawandel, Ernährung, Diversität, Leben mit Behinderung oder Krankheit werden passend für die Zielgruppe der Drei- bis Sechsjährigen aufbereitet. Etliche Proteste handelte sich der NDR ein, als er 2003 die Sendung von ihrem angestammten Vorabendplatz ins Morgenprogramm verlegte.
«Die Basics bringt dir die Sesamstraße bei: das Ding mit dem Zählen, was ist fern, was ist nah, alle diese Sachen», erinnert sich Comedian Torsten Sträter. «Ich mochte besonders gerne Oskar aus der Mülltonne. Den hab ich sehr geliebt», sagt der 56-Jährige. Schauspielerin Meltem Kaptan lernte mit der Sendung mehr als nur die deutsche Sprache: «Pädagogisch wertvoll war die Sesamstraße und wir hatten den Auftrag, dass wir als Migrationskinder gutes Deutsch lernen sollten», erinnert sich die 42-Jährige. «Das war so das Leben, was du dir als Migrantenkind gewünscht hast: alle bunt, jeder ist unterschiedlich, aber es funktioniert – alle leben ohne Streit zusammen.»