Der Spickzettel – Achtung, England - ab jetzt drohen Elfmeter

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Der SpickzettelAchtung, England - ab jetzt drohen Elfmeter

Fakten zum letzten Achtelfinal-Tag: Was Sie zu den heutigen Duellen wissen müssen.

Der fatalste aller Fehlschüsse: Gareth Southgate scheitert im Halbfinale der Heim-EM an Andreas Köpke.

Der fatalste aller Fehlschüsse: Gareth Southgate scheitert im Halbfinale der Heim-EM an Andreas Köpke.

Neben Schweden - Schweiz bietet der letzte Achtelfinaltag der WM in Russland mit Kolumbien - England am Abend einen weiteren Leckerbissen. Gelingt es der jungen Truppe von Gareth Southgate, den Siegeszug wieder anzustoßen, der im dritten Gruppenspiel gegen Belgien zum Stoppen gekommen war?

Southgate und der Elfmeter-Fluch

Die Spanier oder Dänen mussten es bereits erfahren: Ab jetzt drohen wieder Elfmeterschießen. Angesichts dessen schlottern Fans der englischen Nationalmannschaft natürlich die Knie: WM 1990, 1998 und 2006, EM 1996, 2004 und 2012 – kein Team scheiterte in den letzten 30 Jahren so grandios vom Punkt wie die Engländer.

Den fatalsten aller Fehlschüsse leistete sich an der Heim-EM 1996 Gareth Southgate, ganz genau: der heutige Nationaltrainer. Im Halbfinale gegen die Erzrivalen aus Deutschland lief Southgate als fünfter englischer Schütze an und scheiterte an Andreas Köpke. Andy Möller machte daraufhin alles klar und schoss sein Team in das Finale – wo es Tschechien mit Golden Goal bezwang.

«Ich konnte jetzt ein paar Jahrzehnte über diesen Fehlschuss nachdenken», sagt Southgate, heute 47, dem Telegraph. Seine Konklusion: «Im Elfmeterschießen geht es nicht um Glück, nicht um Schicksal. Es geht darum, unter Druck zu bestehen. Daran kann man als Spieler arbeiten. Und das haben wir diesmal getan.»

Ist bei England die Luft draußen?

Zu reden gab nach dem 0:1 im abschließenden Gruppenspiel auch Gareth Southgates Entscheidung, mit einem B-Team anzutreten und die Niederlage und den damit verbundenen zweiten Rang in der Gruppe in Kauf zu nehmen. Bei den Fans kam die Maßnahme, gleich acht Stammspieler zu schonen, gut an: Auf dem Weg in das Halbfinale stehen England nun Schweden oder die Schweiz und anschließend Kroatien oder Russland im Weg. Und nicht Brasilien (und danach Frankreich).

Nur: Statt Japan heißt im Achtelfinale Kolumbien der Gegner. Und, befand der Guardian: Die Niederlage gegen Belgien habe jenen Schwung gekostet, den die beiden Startsiege gegen Tunesien und Panama erzeugt hatten. Auch die Times fragte verängstigt: «Ist die Luft nun etwa schon raus?» England war auf bestem Weg, sich in ein Stimmungshoch zu spielen – ob es zurückfindet zu diesen Emotionen, muss sich heute zeigen.

Kolumbien und die Rodriguez-Frage

Laut kolumbianischem Drehbuch hätte James Rodriguez zu einer großen Figur dieser WM werden sollen. Beim Auftakt gegen Japan (1:2) wurde er dann jedoch wegen einer lädierten Wade nur eingewechselt. Beim 3:0 gegen Polen spielte die Offensivkraft des FC Bayern durch, blieb aber ohne Torerfolg. Zum Abschluss der Vorrunde gegen Senegal schließlich (1:0) musste er noch vor der Pause verletzt ausgewechselt werden – wieder zwickte die Wade.

Kolumbiens Trainer José Pekerman zeigte sich nach der Partie «extrem besorgt» über den Gesundheitszustand, «es sieht nicht gut aus», sagte er. Inzwischen ist aber klar, dass sich Rodriguez nur einen Bluterguss in der Wade zugezogen hat. Zwar trainiert er deshalb nur limitiert, Pekerman ist aber schon zuversichtlicher, seinen Starspieler gegen England doch einsetzen zu können. Im Abschlusstraining machte er ohne Probleme mit.

Quintero: Lieber Musik als Fußball

Ob James Rodriguez spielt oder nicht, ist auch für Juan Fernando Quintero von Belang. Der 25-Jährige bestritt anstelle des Bayern-Stars das Eröffnungsspiel und traf zum zwischenzeitlichen 1:1. Damit sorgte er für ein Novum: Als erstem Kolumbianer war ihm an zwei Weltmeisterschaften ein Tor gelungen – nach einem Treffer in der Gruppenphase der WM 2014 gegen die Elfenbeinküste.

Dabei trifft Quintero nicht einmal besonders oft: Der Treffer gegen die Elfenbeinküste war sein erster im Nationaldress gewesen. Der gegen Japan sein dritter.

Vor dieser WM war Quintero zweieinhalb Jahre nicht berücksichtigt worden, weil er im Clubfußball nicht auf Touren kam. Der Mittelfeldspieler gehört dem FC Porto, der ihn seit 2015 aber recht konsequent ausleiht: an Rennes, an Independiente Medellin, derzeit an River Plate aus Buenos Aires.

Gründe für seine bislang durchzogene Bilanz auf Vereinsebene sind nicht nur sportlicher Natur. So warf ihm die Öffentlichkeit in Rennes vor, sich mehr um seine künstlerische Karriere zu kümmern als seine sportliche – Quintero, ein begeisterter Musiker, nahm zusammen mit der venezolanisch-kolumbianischen DJ-Combo Element Black Reggaeton auf und trat in mehreren Musikvideos auf.

Die Schweiz führt gegen Schweden

28 Spiele, 11 Siege, 10 Niederlagen - gegen kein anderes Nationalteam hat die Schweiz öfter gespielt und trotzdem eine positive Bilanz. Seit 2002 gab es allerdings kein Aufeinandertreffen mehr, in einem Testspiel gab es damals ein 1:1. Torschützen: Ricardo Cabanas und Marcus Allbäck.

Zu den letzten Pflichtspiel-Duellen kam es in der Qualifikation für die EM 1996. Im Oktober 1994 gewannen die Schweizer ein spektakuläres Hinspiel in Bern 4:2 - nach zweimaliger schwedischer Führung. Legendär dann das Rückspiel: Angestachelt durch Alain Sutter, protestierten die Schweizer in Göteborg mit einem Transparent gegen die französischen Atomtests in der Südsee, hochgehalten während der Nationalhymne: «Stop it, Chirac».

Es würde heute wohl zum Skandal: Das Transparent der Schweizer in Göteborg. (Bild: Keystone)

Die Schweiz qualifizierte sich als Gruppensieger für England 1996, Schweden landete noch hinter der (ebenfalls qualifizierten) Türkei abgeschlagen auf Rang 3.

Svensson für Larsson

Mit Kapitän Stephan Lichtsteiner und Abwehrchef Fabian Schär fehlen der Schweiz heute zwei Eckpfeiler der Mannschaft. Der frühere Nationalspieler Stéphane Henchoz, selbst einst Abwehrrecke und heute Experte beim Schweizer Fernsehen, sieht das als Handicap. Vor allem die Absenz von Lichtsteiner, im Interview sagt er: «Er fehlt wegen seiner Mentalität und auch als Spieler. Ich habe meine Zweifel, ob sein Ersatz Michael Lang wirklich besser sein wird.»

Das müssen Sie über die Schweden wissen. (Video: Tamedia)

Aber auch die Schweden müssen wegen einer Gelbsperre auf einen wichtigen Spieler verzichten: Ihnen fehlt mit Sebastian Larsson ein zentraler Mittelfeldspieler. Der 33-jährige Routinier von AIK Stockholm, zur selben Zeit wie Philippe Senderos in der Academy von Arsenal ausgebildet und später bei Birmingham und Hull unter Vertrag, wurde gegen Deutschland und Mexiko verwarnt.

Larssons Ersatz dürfte Gustav Svensson sein. Der 31-Jährige ist weit gereist: Nach dem Abgang bei seinem Stammclub IFK Göteborg im Jahr 2010 spielte er in der Türkei, in China und aktuell bei den Seattle Sounders in der Major League Soccer.

(L'essentiel/wie)

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