Entführer von ClevelandAnklage gegen Ariel Castro verlesen
Gegen den mutmaßlichen Kidnapper von drei Frauen ist die Anklage verlesen worden: Der 52-Jährige ist der Entführung von vier und der Vergewaltigung von drei Menschen angeklagt.

Nur langsam kommen die schrecklichen Details aus dem «Horrorhaus» von Cleveland ans Licht. Nach der Flucht der drei Frauen und des Mädchens muss sich der mutmaßliche Kidnapper auch wegen Vergewaltigung und Entführung verantworten.
Die Anklage gegen Ariel Castro wurde am Donnerstag vor Gericht verlesen. Der 52-Jährige wurde wegen der Entführung von vier und Vergewaltigung von drei Menschen angeklagt. Der Richter verhängte eine millionenschwere Kaution gegen den ehemaligen Schulbusfahrer.
Castro habe Amanda Berry, Gina DeJesus und Michelle Knight rund ein Jahrzehnt festgehalten und missbraucht, sagte Staatsanwalt Victor Perez. Die Opfer hätten sein Haus in all der Zeit nur zweimal verlassen dürfen, und auch dann nur bis zur Garage. Erst am Montag sei die erste richtige Chance zur Flucht gekommen, weil Castro vergessen habe, eine Tür abzuschliessen.
Kind gilt als vierter Entführungsfall
Die Freiheitsberaubung von Berrys sechsjähriger Tochter Jocelyn, die während der Gefangenschaft in einem aufblasbaren Kinderplanschbecken zur Welt gekommen sei, werde in der Anklage als vierter Entführungsfall behandelt.
Wie CNN am Donnerstag berichtete, hatte Castro Knight gezwungen, das Baby zu entbinden, als bei Berry die Wehen einsetzten. Ein Vaterschaftstest soll nun klären, ob Castro das Kind zeugte.
Wohl keine weiteren Opfer
Die Ermittler gingen nicht von weiteren Opfern aus, hiess es. Die Ermittlungen in den Fall aber seien längst nicht abgeschlossen, teilten Behördenvertreter mit. So müsse noch geklärt werden, wie oft die festgehaltenen Frauen schwanger gewesen sein könnten und warum es zu mutmasslichen Fehlgeburten kam.
Die Frauen hätten während ihrer Gefangenschaft nicht im selben Raum gelebt, einander aber gekannt, sagte der stellvertretende Polizeichef Ed Tomba. Castro hatte die Frauen nach Angaben der Polizei auch mit Ketten und Seilen gefangen gehalten.
Anzeige wegen häuslicher Gewalt
Gemeinsam mit Castro waren nach der Befreiung der Frauen am Montag auch seine Brüder Onil und Pedro festgenommen worden. Sie sollten ebenfalls vor Gericht erscheinen, allerdings nicht im Zusammenhang mit den Entführungen und Vergewaltigungen. Ariel Castro sei von den drei Brüdern allein verantwortlich, sagte Tomba.
Castro, der von seinem Umfeld als unauffällig bis verschlossen beschrieben wurde, war im Jahr 2005 von seiner Ex-Frau wegen häuslicher Gewalt angezeigt worden. Sie beschuldigte ihn, mehrfach die gemeinsamen Töchter entführt zu haben. Castro wurde deswegen aber nie angeklagt.
(L'essentiel Online/sda)
Opfer kommen nach Hause
Während Michelle Knight zunächst weiter im Krankenhaus behandelt wurde, kehrten die anderen Entführungsopfer zu ihren Familien zurück. Amanda Berry fuhr mit ihrer Tochter vor dem Haus ihrer Schwester Beth Serrano vor.
Serrano dankte der Öffentlichkeit und den Medien für ihre Unterstützung «in den vergangenen Jahren», bat aber zugleich um den Schutz der Privatsphäre, «damit meine Schwester und meine Nichte und ich Zeit zur Erholung haben».
Auch Gina DeJesus kehrte am Mittwoch in ihr Elternhaus zurück, das mit Ballons geschmückt war. «Das ist mein schönstes Muttertagsgeschenk», sagte ihre Mutter Nancy Ruiz. DeJesus verbarg bei der Ankunft ihr Gesicht und winkte den Wartenden kurz zu.