«Gegen meinen Willen» – Anwalt von Asia Bibi flüchtet nach Den Haag

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«Gegen meinen Willen»Anwalt von Asia Bibi flüchtet nach Den Haag

EU und UN hätten ihn gegen seinen Willen aus Pakistan ausgeflogen, sagt der Anwalt der wegen Blasphemie verurteilten Christin Asia Bibi.

Der Anwalt von Asia Bibi ist in den Niederlanden eingetroffen. Saif-ul-Mulook verteidigte die pakistanische Christin, die wegen Blasphemie zum Tode verurteilt und wieder freigesprochen wurde. Vor den Medien in Den Haag sagte der Jurist am Montag, er habe Pakistan «gegen seinen Willen» verlassen, doch die Vereinten Nationen und die EU fürchteten angesichts der unmittelbaren Bedrohung durch Islamisten um seine Sicherheit.

«Sie haben mich gegen meinen Willen in ein Flugzeug gesetzt. Ich habe ihnen gesagt, dass ich das Land nicht verlassen werde, bevor Asia aus dem Gefängnis kommt», sagte der Anwalt auf der Pressekonferenz. «Ich bin nicht glücklich, ohne sie hier zu sein, aber alle sagten ‹Nein, du bist im Moment das Hauptziel und die ganze Welt kümmert sich um Asia Bibi›», so Saif-ul-Mulook.

Nach dem Freispruch Bibis habe er sich mit einem UN-Vertreter in Islamabad in Verbindung gesetzt, woraufhin er drei Tage lang festgehalten und dann am Samstag ins Flugzeug gesetzt worden sei. Nach einem kurzen Stopp in Rom traf der Anwalt am Wochenende mit Hilfe der niederländischen Stiftung HVC, die die Rechte christlicher Minderheiten verteidigt, in Den Haag ein.

Asia Bibis Schicksal in der Schwebe

Zuvor hatte ihr Ehemann westliche Staaten um Asyl gebeten. Er fürchte um das Leben seiner Frau, sagte er in einem Interview mit der Deutschen Welle.

Asia Bibi war am Mittwoch nach acht Jahren in der Todeszelle vom Obersten Gericht in Islamabad freigesprochen worden. Daraufhin hatte die radikalislamische Gruppe Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) landesweite Straßenproteste organisiert.

Die Proteste endeten nach einem Abkommen der TLP mit der Regierung. Demnach will Islamabad einen Revisionsantrag gegen die Entscheidung des Obersten Gerichts zulassen und Bibi am Verlassen des Landes hindern. Bibis Schicksal hängt damit weiter in der Schwebe.

Ehemann und Freunde haben Angst

«Ich bitte die Premierministerin des Vereinigten Königreichs, uns zu helfen und uns, soweit möglich, Freiheit zu gewähren», sagte Ashiq Masih laut dem britischen Sender BBC in einer Videobotschaft am Samstag. In dem Video habe er auch Kanada und die USA um Hilfe gebeten, hieß es.

Der Deutschen Welle sagte Masih: «Wir sind nirgendwo sicher». Das Abkommen zwischen Islamisten und Regierung habe ihn erschauern lassen. Dazu hätte es nie kommen dürfen. «Meine Familie hat Angst, meine Verwandten haben Angst, und auch meine Freunde haben Angst», sagte Masih dem Sender.

Abkommen «war notwendig»

Pakistans Informationsminister Fawad Chaudry sagte der BBC, das Abkommen mit den Islamisten sei notwendig gewesen, «um die Situation gewaltlos zu lösen». Sicherheitsvorkehrung zum Schutz Bibis seien erhöht worden. Ihr Leben sei nicht in Gefahr.

Die 51-jährige Bibi befindet sich demnach weiter im Gefängnis. Pakistanische Medien hatten in den vergangenen Tagen gemutmaßt, sie könne das Land bereits verlassen haben.

Der Christin war vorgeworfen worden, sich bei einem Streit mit muslimischen Frauen in ihrem Dorf abfällig über den Propheten Mohammed geäußert zu haben. Die fünffache Mutter war 2009 festgenommen und im Jahr darauf nach einem umstrittenen Blasphemiegesetz in dem vorwiegend muslimischen Land zum Tode verurteilt worden.

Kritik in den Medien

Pakistanische Medien kritisierten die Vereinbarung zwischen Regierung und Islamisten. «Eine weitere Regierung hat vor den gewalttätigen religiösen Extremisten kapituliert, die weder an die Demokratie noch an die Verfassung glauben», hieß es im Leitartikel der Zeitung «Dawn» vom Samstag.

Blasphemie ist im streng konservativ-islamischen Pakistan ein folgenschwerer Vorwurf. Wegen entsprechender Anschuldigungen verbüßen dort derzeit rund 40 Menschen nach Schätzungen eines US-Ausschusses zur Religionsfreiheit lebenslängliche Gefängnisstrafen oder warten auf ihre Hinrichtung. Immer wieder kommt es zu Lynchmorden wegen Vorwürfen der Gotteslästerung.

(L'essentiel/sda/afp)

Hunderte Demonstranten verhaftet

Nach massiven Protesten von islamistischen gegen den Freispruch von Asia Bibi sind in Pakistan Hunderte Demonstranten wegen mutmaßlichen Vandalismus festgenommen worden. Das Vorgehen der Polizei folgte auf eine Anweisung des Innenministeriums an die Provinzregierungen des Landes, Maßnahmen gegen jene zu ergreifen, die in Gewalt und Sachbeschädigungen während der Proteste involviert waren. Lokalen Medienberichten zufolge wurden in der Provinz Punjab bisher mehr als 1100 Personen in Haft genommen.

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