Luxemburgs AußenministerAsselborn sieht Schengen-Raum bedroht
LUXEMBURG - Die deutschsprachigen Außenminister trafen sich in Schengen - ohne den deutschen Minister. Denn Heiko Maas war nach der Einigung der Union in Berlin gefordert.

V.l.n.r.: Karin Kneissl (Außenministerin Österreich), Jean Asselborn (Außenminister Luxemburg), Aurelia Frick (Außenministerin Liechtenstein) und Ignazio Cassis (Außenminister Schweiz) beim Treffen in Schengen.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat vor Gefahren für das Fortbestehen des «grenzenlosen» Reisens im sogenannten Schengen-Raum gewarnt. «Wenn wir eine europäische Migrationspolitik nicht hinbekommen, dann könnte es sein, dass Schengen ins Wackeln kommt», sagte er am Dienstag in der luxemburgischen Stadt Schengen bei einem Treffen deutschsprachiger Außenminister. Schengen sei aber gemeinsam mit dem Euro die größte Errungenschaft der Europäischen Union.
Im Schengen-Raum soll es eigentlich keine Grenzkontrollen geben. Während der Flüchtlingskrise und wegen Terrorgefahr wurden Ausnahmen gewährt, die eigentlich schon im Mai enden sollten. Deutschland hatte jedoch eine Verlängerung bis Mitte November angemeldet.
«Anpassung nötig»
Österreichs Außenministerin Karin Kneissl forderte eine Reform des 1985 vereinbarten und zehn Jahre später in Kraft getretenen Schengen-Raumes. Schengen sei vor Beginn der Globalisierung entstanden, als man «unter der Fiktion gearbeitet hat, dass einige Hundert Menschen an der Außengrenze stehen würden». Schengen müsse daher «angepasst werden an eine völlig neue Zeit». Sie betonte: «Es ist ganz wichtig, die Außengrenzen über einen kooperativen EU-Ansatz zu stärken.»
Die von CDU und CSU geplante Einrichtung von Transitzentren an der Grenze zu Bayern werfe «eine ganze Reihe von europarechtlichen und damit auch politischen Fragen auf». «Wir wurden zu keinem Zeitpunkt einbezogen. Und wir warten jetzt auf weitere Details von deutscher Seite», sagte Kneissl. Österreich führt derzeit den EU-Ratsvorsitz.
«Fiktion der Union»
Zu dem von Deutschland gewünschten Abkommen mit Österreich über die Rückführung von Migranten aus den geplanten Transitzentren sagte die Ministerin: «Ob Österreich - und mit welchen Maßgaben - ein Abkommen abschließen könnte, weiß ich heute nicht.» Die im Einigungspapier der Union enthaltene «Fiktion» einer Nichteinreise nach Deutschland bezeichnete sie als «eine Fiktion, mit der ich als Juristin nicht ganz zurechtkomme». Sie fügte hinzu: «Wer auf deutsches Staatsgebiet eingereist ist, ist dort.»
«Wir werden das Problem der Migration nicht lösen im Vorhof der Europäischen Union», sagte Asselborn, der dienstälteste Außenminister der EU. «Wir werden es nur lösen, wenn wir die Solidarität und die Lastenaufteilung im Inneren der Europäischen Union richtig in den Griff bekommen.» Europa könne «keine Festung sein, die sich wehrt gegen Menschlichkeit, gegen fundamentale Menschlichkeit». Er sei «auch nicht überzeugt, dass es jetzt mit Transitzentren weniger Probleme geben soll in Deutschland. Man sollte nicht mutwillig mit Schengen spielen.» Asselborn: «Die Grenzen der Europäischen Union werden nicht mit Soldaten zu beschützen sein.»
«Stabiles Deutschland wichtig»
Zur Einigung zwischen CDU und CSU sagte Asselborn: «Hoffen wir, dass das hält. Wir brauchen in Europa ein stabiles Deutschland, das ist klar. Wir haben seit ein paar Tagen geschaut, was sich in Deutschland abspielt. Das war schon irgendwie schwer zu verstehen.» Die Union sei offenbar auf der Suche nach dem richtigen Umgang mit der AfD: «Ich bin davon überzeugt, dass die rechte Ecke des Tores besetzt ist von der AfD - dass man da kein Tor schießen kann», formulierte der luxemburgische Sozialdemokrat Asselborn.
Die Außenminister Aurelia Frick (Liechtenstein), Jean Asselborn (Luxemburg) und Ignazio Cassis (Schweiz) befestigten im Moselort Schengen Schlösser zur Erinnerung an die dort vereinbarte Schaffung eines grenzkontrollfreien Raums. Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte seine Teilnahme kurzfristig ab.
(L'essentiel/dpa)