Verhaftungen im MilieuAthen hat Angst vor den «Aids-Bomben»
In der griechischen Hauptstadt stürmen Hunderte Männer die Gesundheitszentren. Sie befürchten, sich bei Prostituierten mit dem HI-Virus angesteckt zu haben.

In Athen arbeiten zahlreiche Prostituierte illegal. (Archivbild) (Bild: Keystone/AP/Thanassis Stavrakis)
«Das Telefon klingelt ständig», sagt der Arzt Evangelos Liapis gegenüber der Nachrichtenagentur DPA. Seine Praxis in Athen wird von zahlreichen Männern gestürmt, unter ihnen auch viele Minderjährige. Ihr Anliegen: Sie wollen so schnell wie möglich einen Aids-Test - und Gewissheit.
Den Stein ins Rollen gebracht hat die griechische Polizei. Sie hat vergangene Woche das Bild einer 22-jährigen Russin veröffentlicht, einer von zahlreichen illegalen Prostituierten in der griechischen Hauptstadt. Ihr «Vergehen», abgesehen von der illegalen Tätigkeit in einem Freudenhaus: Sie ist Trägerin des HI-Virus. Verschiedene Medien haben nach der Verhaftung der jungen Frau ein Bild von ihr veröffentlicht, auf Anweisung der Behörden.
Dies war aber erst der Anfang: Am Mittwoch führte die Polizei eine Razzia im Rotlichtviertel Athens durch. Rund 100 Prostituierte wurden dabei vorübergehend verhaftet und zur ärztlichen Untersuchung gebracht. Resultat: Zwölf von ihnen sind HIV-positiv. In Verhören sollen sie gestanden haben, mit ihren Freiern regelmäßig auch ungeschützten Verkehr zu haben. Das veranlasste die Staatsanwaltschaft dazu, auch die Bilder dieser Frauen im Internet zu veröffentlichen.
«Das sind die 12 Aids-Bomben»
Die Zeitung «Dimokratia News» nahm den Ball dankbar auf. «Das sind die 12 Aids-Bomben» titelte das Blatt. Und das zeigte Wirkung: Hunderte Männer haben sich gemeldet, unter ihnen auch viele Minderjährige. Das teilte das Gesundheitszentrum Keelpno am Mittwoch mit. Seit bei drei von ihnen der Test positiv ausgefallen ist, herrscht unter den Freiern eine regelrechte Aids-Panik, wie die österreichische «Krone» meldet.
Doch die Kritik in dem krisengeschüttelten Land richtet sich nicht nur gegen die Frauen. Der Verein der Aids-Infizierten Griechenlands zeigte sich ob der Veröffentlichung der Bilder empört. «Das ist eine erschreckende Verletzung der Menschenrechte und der ärztlichen Schweigepflicht», ließ der Verein laut «Huffington Post» in einer Mitteilung verlauten. Der griechische Gesundheitsminister Andreas Loverdos sagte, dass er das Problem habe kommen sehen. Im Prinzip ist das horizontale Gewerbe in Griechenland legal – sofern sich die Prostituierten regelmäßig auf ansteckende Krankheiten testen lassen. Doch nur ein Bruchteil der Bordelle hat eine Lizenz. «Es ist eine Bombe, die explodiert ist», sagte Loverdos. «Das Problem hätten wir längst anpacken sollen. Nun hat es die gesamte Gesellschaft erfasst.»
Doch der Gesundheitsminister sieht die Schuld auch bei den Kunden der Frauen. Im Radio ließ er sich über die Freier aus. Verantwortungslos hätten vor allem auch sie gehandelt. «Man müsste eigentlich auch ihre Fotos veröffentlichen, damit man sieht, welche Idioten in diesem Land nicht verhüten», sagte er.
(L'essentiel Online/Manuel Jakob)