Flaschenpost – Aus dem Rhein nach Südafrika

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FlaschenpostAus dem Rhein nach Südafrika

Ein Schweizer warf vor 30 Jahren eine Flaschenpost in den Rhein. Vergangene Woche erhielt er Antwort: aus Südafrika. Zum Guinness-Rekord reicht es aber nicht – es fehlen 23 Jahre.

So richtig glauben kann der Schweizer Werner Kühnis die Geschichte immer noch nicht. Vor 30 Jahren warf er eine Flaschenpost in den Rhein, vergangene Woche erhielt er darauf Antwort – aus Südafrika. «Ich bin der grösste Zweifler», sagt Kühnis, «aber es ist wirklich mein Brief.» Dass er eine Antwort erhalten würde, hat er nie geglaubt. Der Brief von damals besteht aus viel unsinnigem Text und seiner Adresse. «Ich habe mir damals ganz offensichtlich nicht viel überlegt, als ich den Brief schrieb», so der 48-Jährige, «er ist nicht einmal mit einem Datum versehen.»

Der Finderin in Südafrika hat Kühnis mittlerweile geschrieben. «Ich versuche den Kontakt zu halten», so der Ostschweizer. Die Flaschenpost interessiert ihn aber nicht mehr. «Obwohl es schon spannend wäre zu erfahren, wie die Flasche nach Südafrika kam.»

Flaschenpost war 52 Jahre unterwegs

So unglaublich die Geschichte von Werner Kühnis ist, zu einem Eintrag im Guiness-Buch der Rekorde wird es nicht reichen. Einerseits weil sich die Reise seiner Flaschenpost nicht überprüfen lässt, anderseits fehlen 23 Jahre Reisezeit. Am längsten war die Flaschenpost einer deutschen Südpol-Expedition bei Tasmanien unterwegs. Die Forscher hatten sie 1903 eingeworfen, gefunden wurde sie 1955 – in Neuseeland. Wo die Flasche 52 Jahre lang herumtrieb, ist unklar. Sie soll in dieser Zeit bis zu zehnmal die Welt umrundet haben, schreibt der «Spiegel».

Einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde als «unmöglichste Flaschenpost» erhielt 1998 eine Weinflasche: Christine Klinkhammer hatte sie 1993 als Flaschenpost bei der deutschen Stadt Hennef in den Fluss Sieg geworfen. Drei Jahre später wurde die Flasche in Falmouth (Maine, USA) gefunden. Wie die Flaschenpost aus dem Nebenfluss des Rheins in Nordrhein-Westfalen an die amerikanische Ostküste gelangte, blieb ein Rätsel.

Kolumbus war der erste Flaschenpöstler

Die Deutschen scheinen angesichts der Meldungen über gefundene Flaschenbriefe die Könige der langsamen Nachrichten zu sein. Im Münsterland erhielt ein Mann nach fast 24 Jahren eine Antwort auf eine Flaschenpost. Die Antwort kam aus Russland: An einem Strand bei Kaliningrad hatte der 13-jährige Danila die Nachricht aus der Ostsee gefischt.

Ursprünglich war Flaschenpost alles andere als Gaudi und Kontaktmittel für Brieffreundschaften. Wissenschaftler versuchten früher mit Flaschen die Meeresströmungen zu erforschen und die Weltmeere zu vermessen. Inzwischen haben diese Aufgabe moderne Sonden übernommen, welche laufend Daten liefern. Das Prinzip blieb gleich: Man wirft die Sonde ins Meer und schaut, wohin sie gelangt.

In England drohte die Todesstrafe für das Entkorken

Die erste Flaschenpost der Neuzeit ist von Amerika-Entdecker Christoph Kolumbus überliefert. Aus Angst, ein Orkan könnte sein Schiff versenken und niemand erfahre von seiner Entdeckung, schrieb er am 14. Februar 1493 einen Brief und warf ihn in einem abgedichteten Fass ins Meer. Das Fass kam nie an, Kolumbus allerdings schon. Um mehr als Ruhm und Ehre ging es bei der Flaschenpost von Schiffbrüchigen. Wie hilfreich das profane Mittel ist, erfuhren 88 Personen im Mai 2005. Sie erlitten im Pazifik Schiffbruch, steckten ihren Notruf in eine Flasche und wurden gemäss Medienberichten drei Tage später von der Küstenwache gerettet.

Im 16. Jahrhundert war es in England alles andere als ein Glück, auf eine Flaschenpost zu stossen. Ihre Majestät Elisabeth I. drohte ihren Untertanen mit der Todesstrafe, sollten sie eigenmächtig die Flaschen öffnen. Grund: Der Geheimdienst nutzte damals die Meeresströmungen zur Übermittlung geheimer Nachrichten. Nur dem königlichen «Uncorker of Bottles» war es erlaubt, eine Flaschenpost zu öffnen - ein Amt, das erst zweihundert Jahre später abgeschafft wurde, schreibt der «Spiegel».

Harold, der Flaschenmann und seine über 5000 Flaschenbriefe

Der König unter den Flaschenpöstlern ist wohl Harold Hackett. Der Kanadier schreibt seit 1996 Flaschenbriefe. Insgesamt sind es bisher über 5000 Briefe. Die meisten kommen sogar irgendwo an, jedenfalls hat Hackett über 3000 Antworten erhalten. Inzwischen pflegt er Brieffreundschaften in Marokko, Südafrika oder Russland. Der 58-Jährige überlässt dabei allerdings nichts dem Zufall: Seine Flaschen leuchten im Dunkeln dank eines Reflektorenbandes.

Das Hobby geht ziemlich ins Geld: Hackett hat 680 Rollen Isolierband für die Verschlüsse verbraucht, mehr als tausend Notizblöcke beschrieben und rund 500 Filzstifte verbraucht. Inzwischen setzt er auf vorgedruckte Briefe. Auf einen Brief wartet «Harold, der Flaschenmann», wie ihn die Leute nennen, noch: seinen Ersten von 1996.

L'essentiel Online /

(amc/meg)

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