Asylkrise – Aus Deutschland gibt es Kritik an Österreichs Plan

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AsylkriseAus Deutschland gibt es Kritik an Österreichs Plan

Österreich dämmt die Aufnahme von Flüchtlingen massiv ein. Kritik an den neuen Grenzkontrollen kommt aus Deutschland.

Dieses Jahr dürfen nur noch 37.500 nach Österreich: Flüchtlinge an der österreichischen Grenze in Spielfeld.

Dieses Jahr dürfen nur noch 37.500 nach Österreich: Flüchtlinge an der österreichischen Grenze in Spielfeld.

Erwin Scheriau

Österreich will angesichts des anhaltenden Flüchtlingszustroms die Aufnahme von Flüchtlingen deckeln und in diesem Jahr nur noch 37.500 Asylwerber aufnehmen – nach 90.000 im vergangenen Jahr. Bis Mitte 2019 sollen es insgesamt maximal 127.500 sein. Diese Zahl sei ein Richtwert, der sich jährlich an maximal 1,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung orientiere. Die Obergrenze soll 2017 bei nur noch 35.000 Asylbewerbern liegen, 2018 bei 30.000 und bei 25.000 im ersten Halbjahr 2019.

Darauf hat sich die Regierungskoalition am Mittwoch in Wien geeinigt. Was geschehen soll, wenn die Obergrenze überschritten wird, ist noch offen. Dazu sollten zwei Rechtsgutachten in Auftrag gegeben werden, kündigte die Regierungsspitze an.

«Wir können in Österreich nicht alle Asylwerber aufnehmen», sagte Bundeskanzler Werner Faymann am Mittwoch nach einem Treffen mit den Landeshauptleuten in Wien. Faymann bezeichnete das geplante Vorgehen als «Notlösung» und «Plan B», der auch ein «Aufrütteln» der EU bezwecke.

Gauck gegen Kontrollen innerhalb des Schengenraums

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warb für eine vertiefte Debatte des Flüchtlingsthemas auf EU-Ebene beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs im Februar. Neben dem Vorstoß Österreichs gilt es auch, die von mehreren Staaten wieder eingeführten Grenzkontrollen zu koordinieren.

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck sprach sich in einer Rede beim Weltwirtschaftsforum in Davos gegen solche Kontrollen innerhalb der Schengenzone aus. An den Außengrenzen der EU könne es aber sehr wohl eine Sicherung geben, um den Zuzug von Flüchtlingen nach Europa zu steuern. Das sei auch moralisch akzeptabel, sagte Gauck.

«Das ist ein Hilferuf von Österreich»

Eine Obergrenze für Flüchtlinge sei «falsch und rechtlich fragwürdig», sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der Nachrichtenagentur AFP. Eine Schließung der österreichischen Grenze werde zu einem «Dominoeffekt» führen, warnte er. «Wir werden ein Europa der Zäune erleben, in dem jeder die Verantwortung an den Nachbarn abschiebt.» Der Pro-Asyl-Geschäftsführer mahnte: «Ein Europa, das Zäune baut, gefährdet die europäische Wirtschafts- und Wertegemeinschaft.»

«Das ist ein Hilferuf von Österreich. Er macht klar: Deutschland, Schweden und Österreich können die Flüchtlinge nicht alleine aufnehmen», sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Donnerstagausgabe). «Umso dringlicher ist es jetzt, endlich für sichere Außengrenzen zu sorgen», setzte Oppermann an die Adresse der Kanzlerin hinzu. Das müsse bald passieren: «Sonst zerbricht Europa.»

«Große Anzahl an Flüchtlingen überfordert unser System»

«Die große Anzahl an Flüchtlingen überfordert unser System», sagte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Daher werde man auch im «Grenzmanagement» auf Kontrollen und Registrierungen setzen. Es würden möglicherweise auch Flüchtlinge zurückgewiesen.

Trotz eisiger Temperaturen waren auch in diesen Tagen noch viele Flüchtlinge auf dem Weg Richtung Österreich und Deutschland. Täglich kämen rund 2000 entlang der Balkanroute von Mazedonien nach Serbien, sagte eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks. Viele von ihnen seien bei Temperaturen von bis zu -19 Grad ohne ordentliche Kleidung und Schuhe unterwegs, einige hätten Lugenentzündungen oder Fieber. Doch die meisten wollten nicht ins Krankenhaus, sondern lieber ihre Reise nach Westeuropa fortsetzen, sagte die Sprecherin.

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz hatte am Montag eine härtere Gangart in der Flüchtlingskrise angekündigt. Weil die Sicherung der EU-Außengrenze nicht funktioniere, sei Österreich zu «nationalen Maßnahmen» gezwungen, sagte er in Brüssel.

3,7 Kilometer langer Grenzzaun

Österreichische Soldaten unterstützen seit Mittwoch die Polizei am wichtigsten Grenzübergang nach Slowenien, um einreisende Flüchtlinge strenger zu kontrollieren.

Am Übergang Spielfeld wird derzeit auch an einem etwa 3,7 Kilometer langen Grenzzaun gebaut. Eigentlich gehören Österreich und Slowenien beide zum grenzfreien Schengenraum.

(L'essentiel/AFP/kko/sda)

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