Tunesien – Ben Ali tritt ab - Touristen fliegen heim

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TunesienBen Ali tritt ab - Touristen fliegen heim

LUXEMBURG - Der tunesische Präsident Ben Ali ist am Freitag zurückgetreten. LuxairTours plant, seine 272 Kunden aus Tunesien zurück nach Luxemburg zu fliegen.

Nach blutigen Massenprotesten ist der tunesische Präsident Zine el Abidine Ben Ali zurückgetreten und hat das Land verlassen. Das teilte der tunesische Ministerpräsident am Freitag im Staatsfernsehen mit. Zuvor war Ghannouchi noch von Ben Ali beauftragt worden, eine Übergangsregierung bis zu Neuwahlen in sechs Monaten zu führen. Der arabische Sender Al Dschasira berichtete, Ghannouchi soll vorerst auch das Amt des Staatspräsidenten übernehmen.

In Tunesien herrscht der Ausnahmezustand, der Luftraum ist geschlossen. Nach Informationen des französischen TV-Senders BFM soll Ben Ali unterwegs nach Paris sein, während sich seine Frau in Dubai aufhalte.

Wegen der Unruhen hat LuxairTours vor, alle 272 Kunden, die sich derzeit im Land befinden, nach Hause zu holen. Die Reisenden, die hauptsächlich in Djerba und Monastir im Urlaub sind, sollen am Samstag nach Luxemburg geflogen werden. «Die Lage hat sich zugespitzt. Wir wissen nicht, wie lange es an den Touristenorten noch ruhig bleiben wird», begründete Luxair-Pressesprecher Yves Hoffmann die Rückhol-Aktion auf Anfrage von «L'essentiel online». Am Freitagabend waren allerdings zahlreiche Flughäfen in Tunesien gesperrt. «Wir gehen davon, dass diese Sperre nicht lange andauern wird», so Hoffmann. «Wir werden im Laufe der Nacht und am Samstag schauen, wann unsere Flugzeuge in Richtung Tunesien starten können, um die Urlauber abzuholen.»

Bis zum 24. Januar werden keine Flüge nach Tunesien starten. Wann sie wieder aufgenommen werden, ist noch unklar. Kunden, die eine Reise in der Zeitspanne vor dem 24. Januar gebucht haben, können diese kostenlos umbuchen. Wegen der Unruhen hat das Außenministerium in Luxemburg am Donnerstag von Reisen in das nordafrikanische Urlaubsland abgeraten.

Auch deutsche und französische Anbieter haben Flüge nach Tunesien gestoppt, unter anderem Air France. Neckermann fliegt seine Reisenden aus.

Die Rückhol-Aktionen folgen als Reaktion auf die blutigen Massenproteste der vergangenen Tage. Am Freitag hat Präsident Zine el Abidine Ben Ali den Ausnahmezustand verhängt, die Regierung abgesetzt und Neuwahlen ausgerufen. Innerhalb von sechs Monaten soll ein neues Parlament gewählt werden.

80 Menschen sollen gestorben sein

In der Hauptstadt Tunis hatten zuvor mehr als zehntausend Menschen den Rücktritt des 74 Jahre alten Präsidenten gefordert. Bisher sollen rund 80 Menschen bei den Unruhen gestorben sein. Der Luftraum über dem nordafrikanischen Land war nach Verhängung des Ausnahmezustands komplett gesperrt worden. Das Militär riegelte den Flughafen der Hauptstadt Tunis ab.

Die Proteste, die sich ursprünglich gegen die hohe Arbeitslosigkeit richteten, zielten zuletzt immer mehr auf das Regime Ben Alis und hatten selbst Touristenorte erreicht. Die Demonstranten in Tunis skandierten «Nein zu Ben Ali» und machen ihn und seinen Clan für Korruption, hohe Arbeitslosigkeit und Polizeigewalt verantwortlich.

Vor dem Innenministerium vertrieb die Polizei Demonstranten mit Tränengas. Zuvor hatten die Menschen versucht, das Gebäude zu stürmen. Journalisten forderten eine unabhängigere Berichterstattung des Staatssenders und setzten sich für eine Staatstrauer ein.

Zugeständnisse bei Fernseh-Ansprache

Bei Ausschreitungen hatten Sicherheitskräfte in den vergangenen Tagen mehrfach auf Demonstranten geschossen. Menschenrechtler nannten bis Donnerstag die Zahl von 66 Toten. Mindestens 13 weitere starben seitdem bei den Unruhen in der Hauptstadt Tunis, bestätigten Krankenhausmitarbeiter am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. Ein ausländischer Fotograf wurde durch eine Tränengas-Granate am Kopf verletzt, berichtete der französische TV-Sender BFM. Der tunesische Botschafter bei der UN-Kulturorganisation Unesco in Paris, Mezri Hadded, gab wegen der Gewalt seinen Rücktritt bekannt.

Ben Ali hatte am Donnerstagabend noch Zugeständnisse gemacht und für 2014 das Ende seiner mittlerweile 23-jährigen Präsidentschaft in Aussicht gestellt. Sprecher von Oppositionsparteien im Land kritisierten das Angebot jedoch als ungenügend. Menschenrechtsgruppen wie Reporter ohne Grenzen prangerten das brutale Vorgehen gegen die Protestbewegung an.

In seiner dritten Fernsehansprache innerhalb weniger Wochen hatte Ben Ali sinkende Preise für Grundnahrungsmittel, mehr Demokratie und die Aufhebung der Internetzensur versprochen. Wenig später konnten zuvor gesperrte Onlineseiten wie YouTube wieder erreicht werden.

(L'essentiel online/dpa)

Notrufnummer des Außenministeriums

Das luxemburgische Außenministerium hat eine Notfallnummer unter Tel. 00352 621 189 545 eingerichtet. An diese Nummer können sich luxemburgische Staatsangehörige wenden, falls sie konsularische Hilfe benötigen. Vor Ort können sich Touristen an die Botschaft Belgiens wenden (Tel: 0021671 - 784 093).

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