Politische Krise Belgien«Besser wird es erst in 50 Jahren»
Knapp sieben Monate ohne Regierung und eine Lösung ist nicht in Sicht: «L’essentiel Online» hat mit vier Belgiern über ihre Meinung zur Situation im Königreich gesprochen.

«Ich bin geschockt», schimpft Magali Vanderveken (41) aus Wallonien. Die zweifache Mutter kann nicht verstehen, wie «die Politiker in Belgien so dumm sein können», dass sie keine Lösung aus der politischen Krise finden. «Ich weiß nicht, wie ich meinen Kindern das Ganze erklären soll.»
Und Oliver Herzog (34), der in Wallonien deutschsprachig aufgewachsen ist und in Luxemburg arbeitet, beschwert sich: «Als Belgier wird man von anderen Ländern häufig nicht ernst genommen. Das tut weh.»
Schuld an der Krise sei vor allem die Mehrsprachigkeit, meint Herzog. «Immer mehr Frankophone gehen in die Regierung. Aufgrund von Sprachbarrieren bleibt die Kommunikation unter Politikern schwierig.»
Nationaler Stolz
Dabei fühlen sich die Befragten auch trotz der politischen Krise als Patrioten ihres Heimatlandes. Wie etwa Gilles Merche (29) aus Wallonien: «Ich bin stolz, Belgier zu sein.»
Und Dirk de Nijs (35) bestätigt: «Ich betrachte mich als flämischsprachiger Belgier, der in Brüssel wohnt.»
Verbesserung erst in 50 Jahren
Auswirkungen der politischen Krise auf den Alltag bekommen die vier Belgier kaum zu spüren. «Meine Steuerbescheinigungen kommen verspätet. Vielleicht mag die Krise eine Erklärung dafür sein», sagt Herzog lächelnd.
Ob sich die Situation in den nächsten zehn Jahren ändern wird? Herzog ist in dieser Hinsicht skeptisch. «Ich denke, dass die Krisen alle fünf bis zehn Jahre wiederkommen werden. Eine grundlegende Änderung erwarte ich erst in 50 Jahren. Ich hoffe, dass Belgien bis dahin zusammenhält.»
(Irina Figut/ L'essentiel onlin)