IstanbulBezeichnete Wahlräte als «Narren» – Erdogan will Rivalen zweieinhalb Jahre wegsperren
Ein türkisches Gericht hat den beliebten Bürgermeister Istanbuls Ekrem Imamoglu (52) wegen Beleidigung des Wahlrats zu zwei Jahren und sieben Monaten Gefängnis verurteilt. Tausende protestierten gegen das Urteil.
Ein türkisches Gericht hat den Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu wegen Beleidigung des Wahlrats zu zwei Jahren und sieben Monaten Gefängnis verurteilt. Außerdem verboten die Richter dem Politiker der oppositionellen Republikanischen Volkspartei CHP am Mittwoch, politisch aktiv zu sein, was zu seiner Amtsenthebung führen könnte. Es wurde erwartet, dass Imamoglu in Berufung geht.
Imamoglus Wahl war eine historische Niederlage für Erdogan
Imamoglu war im März 2019 zum Bürgermeister von Istanbul gewählt worden – eine historische Niederlage für die Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan, die die größte Stadt des Landes 25 Jahre lang regiert hatte. Die AKP sprach von Unregelmäßigkeiten und verlangte, das Ergebnis für ungültig zu erklären. Die Wahl wurde schließlich wiederholt, doch Imamoglu gewann erneut. Er gilt zudem als einer der potenziellen Herausforderer des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei den für 2023 geplanten Wahlen.
Kritiker sehen in dem Prozess gegen ihn den Versuch Erdogans, sich vor der Präsidentenwahl im kommenden Jahr einen wichtigen Widersacher vom Hals zu schaffen. Imamoglu wird vorgeworfen, hohe Staatsbedienstete beleidigt zu haben, als er das Streichen des Wahlergebnisses als Dummheit bezeichnete. Imamoglu betonte, dies habe sich nicht an die Adresse des Wahlrates gerichtet. Vielmehr habe er Innenminister Süleyman Soylu geantwortet, der ihn wegen Kritik an der Türkei einen Dummkopf genannt hatte. Das bestätigten auch zwei Mitarbeiter Imamoglus.
Tausende protestieren in Istanbul
Vor dem Gebäude der Stadtverwaltung versammelten sich Tausende aus Protest gegen das Urteil gegen den beliebten Bürgermeister. CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu brach einen Deutschlandbesuch ab, um Imamoglu zu unterstützen. Imamoglu nannte die Entscheidung bei einer Rede vor dem Rathaus eine «Schande» für die türkische Justiz. Er wolle sich von der Entscheidung nicht beeinflussen lassen.