US-Geheimdienst – Bin Laden gab Umfeld Zahnpflege-Befehle

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US-GeheimdienstBin Laden gab Umfeld Zahnpflege-Befehle

Der US-Geheimdienst hat über 100 Dokumente über Osama Bin Laden veröffentlicht. Die Papiere geben Einblick in die Ziele des Al-Kaida-Gründers.

RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / DoD  " - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS =
(FILES) This still file image from video released May 7, 2011 by the US Department of Defense (DoD) shows Al-Qaeda mastermind Osama bin Laden. The CIA declassified an Al-Qaeda recruitment form and around 100 other documents from Bin Laden's archive on May 20, 2015, allowing an insight into his thinking in his final years. The documents were among intelligence materials seized by US commandos on May 2, 2011 after they stormed Bin Laden's hideout in the Pakistani town of Abbottabad and shot him dead.
AFP PHOTO/HO/DoD

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AFP PHOTO/HO/DoD

AFP/ho

Vier Jahre nach der Tötung von Osama bin Laden haben die US-Geheimdienste mehr als 100 Dokumente freigegeben. Die im pakistanischen Versteck des Al-Kaida-Chefs gefundenen Dokumente zeigen den schwindenden Einfluss Bin Ladens.

Die am Mittwoch in englischer Übersetzung vorgelegten Schriftstücke geben Einblick in die Ziele des Al-Kaida-Gründers, in seine Angst vor der Entdeckung, aber auch in tiefe Risse innerhalb des Terrornetzwerks.

Bis zum Schluss wollte Bin Laden die USA mit einer neuen, groß angelegten Attacke aus der muslimischen Welt vertreiben. Der Fokus der Al-Kaida-Aktivitäten «sollte darauf liegen, die US-Bevölkerung und ihre Vertreter zu ermorden und zu bekämpfen», heißt es in einem Dokument, das die Nachrichtenagentur AFP vorab einsehen konnte.

USA «sollen Muslime in Ruhe lassen»

Die einzige Möglichkeit, die US-Außenpolitik zu beeinflussen, seien Angriffe, schreibt er an anderer Stelle. Dadurch sollten die USA gezwungen werden, «die Muslime in Ruhe zu lassen».

Die US-Spezialeinheit Navy Seals hatte bei ihrem Zugriff in Abbottabad am 2. Mai 2011 tausende Dokumente gefunden. Auf richterliche Anordnung wurden mehr als 100 der Schriftstücke nun freigegeben.

Dies habe nichts damit zu tun, dass der Enthüllungsjournalist Seymour Hersh die offiziellen Angaben über die Ergreifung und Tötung Bin Ladens kürzlich in Frage gestellt habe, sagte CIA-Sprecher Ryan Trapani.

Zähne gut pflegen

Die Angst, von US-Spionen in seiner Villa entdeckt zu werden, trieb Bin Laden zu äußerster Vorsicht. So gab er an seine Familie und sein Umfeld die Anweisung: «Unsere Sicherheitssituation erlaubt es nicht, zu Ärzten zu gehen. Also gebt acht auf eure medizinischen Bedürfnisse, vor allem eure Zähne.»

Als seine Frau Umm Hamsa von einer Iran-Reise zurückkehrte, musste sie ihre komplette Kleidung wechseln, aus Angst, es könnte eine Wanze darin versteckt sein. «Da den Iranern nicht vertraut werden kann, könnte ein Chip in deine Sachen implantiert worden sein.» Ärger rief Bin Laden mit seinem Verbot an seine Adjutanten hervor, per E-Mail zu kommunizieren.

Immer weniger Einfluss

Doch auch über die strategische Ausrichtung von Al Kaida wurde heftig gestritten. So forderte Bin Laden, die Terrorattacken sollten sich auf den größten Feind USA konzentrieren.

«Wir sollten Einsätze gegen die Armee und Polizei in allen Regionen stoppen, außer im Jemen», schrieb er. Darin zeige sich seine Sorge, «eine Uneinigkeit des globalen Dschihads könnte den Niedergang der Bewegung einleiten», mutmaßt ein ranghoher US-Geheimdienstanalyst.

Dass die Organisation Al Kaida im Irak, ein Vorläufer der Miliz Islamischer Staat (IS), im Irak einen Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten anheizte, brachte Bin Laden und seinem damaligen Vize Ayman al-Zawahri scharfe Kritik ein.

Dass Bin Laden die in seinem Namen angerichteten «Skandale» und das Blutvergießen nicht verurteile, dafür werde er von Gott zur Rechenschaft gezogen werden, schrieb die Gruppe Dschihad- und Reformfront in einem Brief von 2007. «Wenn Du es noch kannst, ist es Deine letzte Chance, den Zusammenbruch des Dschihad im Irak aufzuhalten.» Heute hat der IS Al Kaida in den Schatten gestellt.

Bin Laden warb bis zu seinem Tod für Terrorattacken

Sein schwindender Einfluss zeigt sich auch in taktischen Differenzen. So warb Bin Laden in den Dokumenten bis zu seinem Tod für groß angelegte Terrorattacken. Einige seiner Stellvertreter finden dies hingegen angesichts der permanenten Gefahr durch US-Drohnen zu schwer zu organisieren.

In einem schon vor kurzem freigegebenen Dokument aus der damaligen Zeit wird Al-Kaida-Veteran Abu Mussab al-Suri mit der Haltung zitiert, kleinere Anschläge seien der bessere Ansatz. Er setzte sich mit seinem Konzept des «individuellen Dschihads» durch: Nach Bin Ladens Tod rief die neue Al-Kaida-Führung ihre Anhänger auf, als Einzelkämpfer Anschläge zu verüben.

(L'essentiel/sda)

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