Bisphenol AWas die hohen Weichmacher-Werte für Luxemburg bedeuten
LUXEMBURG – In einer am Donnerstag veröffentlichten Studie zu Bisphenol A wurde in allen Urin-Proben aus dem Großherzogtum eine Überschreitung des Schwellenwertes nachgewiesen. «L'essentiel» hat mit der Biologin Laurence Wurth über die Wirkung gesprochen.
- von
- Jean-François Colin

Das Erhitzen von Lebensmitteln in einem Plastikbehälter solle man vermeiden.
Der am gestrigen Donnerstag veröffentlichte Bericht der Europäischen Umweltagentur (EUA) legt alarmierende Ergebnisse offen. Der überwiegende Teil aller Europäer ist der Chemikalie Bisphenol A (BPA), einer der wichtigsten endokrinen Disruptoren, in bedenklichen Maßen ausgesetzt, in Luxemburg ist das Ergebnis der Analyse sogar überdurchschnittlich hoch. Alle Luxemburger Proben, die im Rahmen der kürzlich durchgeführten Human-Bio-Monitoring-Initiative HEM4EU entnommen wurden, wiesen BPA auf. Der europäische Durchschnitt liegt bei 92 Prozent.
Die Chemikalie ist ein sogenannter endokriner Disruptor, «der also das, was mit Hormonen zusammenhängt, durcheinanderbringt», so Laurence Wurth, Biologin und Leiterin der Abteilung für Umweltmedizin der Luxemburger Gesundheitsdirektion. Unstrittig bei BPA ist also, dass eine zu hohe Dosis möglicherweise folgende Aspekte beeinträchtigt:
Fruchtbarkeit
Schwangerschaft (Gefahr einer Frühgeburt)
kognitive Entwicklung eines Kindes (Sprachzentrum, Hyperaktivität)
hormonabhängige Krebserkrankungen
Wie viel BPA ist zu viel BPA?
Die spezifische Menge, ab wann BPA schädlich wird, ist nicht genau definiert und Laurence Wurth fügt hinzu, dass die Studie in erster Linie auf den Nachweis von Bisphenol im menschlichen Körper abzielte. Zudem seien auch die alternativen Chemikalien Bisphenol S und F nachgewiesen worden. Die in der Studie ermittelten Werte seien unterhalb der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgelegten Höchstwerte, jedoch über einem von der gleichen Behörde festgelegten Toleranzwert aus einem anderen Kontext. Die Biolgin schätzt die Bedeutung der Studie so ein, dass sie «dazu beitragen wird, die Grenzwerte zu ändern.» Und meint damit: nach unten.
Wie kommt der hohe Wert in Luxemburg zustande?
Insgesamt nahmen an der Studie 2756 Personen teil und wenn man die einzelnen Länder betrachtet fallen die ermittelten Werte zwischen 71 Prozent und 100 Prozent. Was dabei zu denken gibt: Die durch die Studie gemeldeten Werte seien Mindestwerte, es bestehe sogar die Möglichkeit, dass in allen elf Ländern, die an der Studie teilnahmen, 100 Prozent der Teilnehmer über den sicheren Grenzwerten lägen.
BPA gelange über die Ernährung in den Körper. Hier kommt es zur Kontamination «insbesondere über Plastikbehälter, vor allem wenn sie erhitzt werden.» Was die Biologin jedoch wundert, ist die geringe Anzahl Luxemburger Proben, was zumindest in puncto Repräsentativität der Studie Fragen aufwirft. In Europa ist der Stoff zum Beispiel in Kassenbons oder Babyflaschen bzw. Lebensmittelverpackungen und -behältern für Kleinkinder unter drei Jahren verboten. Frankreich ging als einziges EU-Land sogar darüber hinaus und erlaubt den Stoff in gar keinen Lebensmittelbehältern mehr. In der restlichen Europäischen Union sowie den USA wird derzeit über eine weitere Einschränkung nachgedacht.
Gibt es nun Grund zur Sorge?
Die Expertin meint dazu: «Nicht unbedingt. Wir sind im Alltag vielen Chemikalien ausgesetzt. Mit mehr oder weniger hohen Werten. Manchmal sind sie nicht sehr hoch. Und es ist nicht immer klar, wie hoch die Schwelle für die gesundheitlichen Auswirkungen ist. Aber es ist wünschenswert, die Aussetzung mit den Stoffen zu begrenzen.» In der Studie sieht sie einen Anlass, die Einschränkungen zu beschleunigen.
Was kann man gegen die Chemikalie tun?
Von Herstellerseite wäre eine vermehrte Nutzung der Alternativen Bisphenol S und F wünschenswert, da diese weniger gesundheitsschädlich seien. Zudem empfiehlt die Biologin, «das Erhitzen von Lebensmitteln in einem Plastikbehälter zu vermeiden. Edelstahl und Glas sind sicherer.»