Mutter vor Gericht«Böse Kräfte drängten mich, Adélaïde zu töten»
Fabienne Kabou (39) ließ im November 2013 in Frankreich ihre 15-monatige Tochter im Meer ertrinken. Vor Gericht hat sie nun die Tatnacht geschildert.

In Saint-Omer im nordfranzösischen Département Pas-de-Calais steht Fabienne Kabou (39) seit Montag wegen vorsätzlicher Kindstötung vor Gericht. Die Senegalesin, die seit 1995 in Frankreich lebt, reiste im November 2013 mit ihrer damals 15-monatigen Tochter Adélaïde an den Strand von Berck-sur-Mer. Sie ging am Abend ans Meer, setzte das Kind in die steigenden Fluten und ließ es ertrinken.
Vor Gericht gab die Mutter die Tat zu. «Ich weiß aber nicht, wieso ich es tat. Es gibt keine logische Erklärung dafür», sagte Kabou am zweiten Prozesstag. Dann meinte sie, es könne «nur Hexerei gewesen» sein. Eine böse Kraft habe sie dazu gebracht, ihr einziges Kind zu töten. Sie habe in den Monaten vor dem Mord «37.000 Euro bei Wunderheilern und Hexendoktoren» ausgegeben, fügt sie an.
Erst gestillt, dann getötet
«Ich ging mit ihr zum Strand. Es war kalt, der Mond schien hell über uns», schildert die Mutter die Tatnacht. «Adélaïde wollte gestillt werden, also gab ich ihr die Brust. Sie schlief ein. Ich hielt sie fest und dann sagte ich plötzlich mehrmals ‹Nein›. Ich weiß nicht, wie oft ich das gesagt habe. Ich weinte. Es war, als würde ich jemandem sagen, ich könne das nicht tun, aber ich tat es trotzdem.»
Kabou erzählt weiter: «Ich sah den Meeresschaum und setzte Ada ins Wasser, etwa fünf Meter von der Küste entfernt. Oder vielleicht waren es nur zwei. Ich sprach zu ihr, sagte, wie leid es mir tue. Sie war ruhig, war sich der Gefahr nicht bewusst. Ich kniete neben ihr nieder, umarmte sie lange. Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, bis die Flut stieg, ich drehte mich um und ging.»
Am nächsten Morgen nahm Kabou den Zug nach Paris. Ein Zeuge habe bestätigt, dass die Mutter sich an jenem Abend über die Gezeiten erkundigt habe, berichtet «Le Parisien».
Vater hatte kein Interesse am Kind
Die Lebensgeschichte von Fabienne Kabou ist tragisch. Laut dem Gerichtspsychiater Paul Bensussan hat die Frau einen überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten (135). Er vermutet, die Mutter habe nach der Geburt ihrer Tochter an einer postnatalen Depression gelitten. Der Vater habe nie großes Interesse am Kind gezeigt.
Die Beziehung zum Kindsvater sei immer schwierig gewesen. Michel Lafon ist Maler und Bildhauer, 31 Jahre älter als Kabou. Im Jahr 2001 seien die beiden zusammen gekommen. Bevor sie mit Adélaïde schwanger wurde, habe sie zwei Schwangerschaften abgebrochen.
Während Schwangerschaft nie zum Arzt
Ihre Tochter brachte Kabou im August 2012 allein im Atelier ihres Partners zur Welt. Ohne medizinische Hilfe. Überhaupt war sie während der ganzen Schwangerschaft nie zum Arzt gegangen. Weder Freunden noch Bekannten erzählten die Mutter und der Vater vom Kind. Sie ließen es auch nicht im Registeramt eintragen – die kleine Adélaïde bekam erst eine Identität, als ein Fischer ihre Leiche am Morgen nach der Tat am Strand entdeckte.
Der Prozess soll bis Freitag weitergeführt werden. Im Fall einer Verurteilung droht Fabienne Kabou lebenslange Haft.
(L'essentiel/kle)