Premier auf Intensivstation«Boris Johnson ist extrem krank»
Vier Liter Sauerstoff erhält der an Covid-19 erkrankte britische Premierminister auf der Intensivstation. Ein Beatmungsgerät braucht er nicht. Sein Zustand, so ein Mediziner, sei aber ernst.

Boris Johnsons Zustand verschlechterte sich schnell. Um 20 Uhr am Sonntagabend wurde er in das St.-Thomas-Krankenhaus im Süden Londons eingeliefert, nachdem eine zehntägige Isolation keine Verbesserung ergeben hatte und der an Covid-19 erkrankte Premier weiterhin unter hohem Fieber und starkem Husten litt.
In der Intensivabteilung wurde dem 55-Jährigen Sauerstoff verabreicht, auf ein Beatmungsgerät zur künstlichen Beatmung (Einführung eines Schlauchs durch die Luftröhre) konnte bislang offenbar verzichtet werden.
Die Verlegung sei eine vorbeugende Maßnahme gewesen, hieß es aus der Downing Street, dem offiziellen Amts- und Wohnsitz des Premiers. Johnson sei bei vollem Bewusstsein verlegt worden. Im Krankenhaus hätten die Ärzte keine Lungenentzündung diagnostiziert.
Er benötigt vier Liter Sauerstoff
Professor Derek Hill vom University College London erklärte gegenüber der «Times», dass bei Johnson wohl ein so genanntes CPAP-Gerät (Continuous Positive Airway Pressure oder kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck) zum Einsatz komme. Luft und Sauerstoff würden stetig durch Druck in den Mund geleitet, was zur einer Erhöhung des Sauerstoffgehalts in den Lungen führt. «Der Krankheitsverlauf zeigt ohne Zweifel, dass Boris Johnson extrem krank ist», so Hill.
Die «Times» zitiert Krankenhausquellen, wonach Johnson derzeit vier Liter Sauerstoff benötigt, wobei die Schwelle für eine Verlegung in die Intensivstation bei einem Sauerstoff-Bedarf von 15 Litern liege. Entsprechend gehe es Boris viel besser als vielen anderen Covid-19-Patienten, die auf der Intensivstation liegen.
Generell gilt der 55-jährige Johnson als gesund und ziemlich fit. Er spielt nicht nur regelmäßig Tennis, sondern macht auch Yoga und Pilates. Joggen musste er wegen Knieproblemen aufgeben. Als Bürgermeister von London stieg Johnson auch immer wieder gern aufs Fahrrad.
«Er hört jetzt immerhin auf die Ärzte»
Johnson habe aber trotz Sport immer auch gegen Übergewicht angekämpft, schreibt die «Times». Seine Liebe zum Bier dürfte der schlanken Linie nicht zuträglich gewesen sein. Immerhin, so ein Freund Johnsons, höre er jetzt auf die Ärzte. «Er ist sonst ein schlechter Patient, der stoisch jede Erkältung und Grippe erträgt und weiterarbeitet», so Will Walden zur BBC.
Kabinettsminister Michael Gove bekräftige heute Dienstag noch einmal: Der Premier sei nicht an ein Beatmungsgerät angeschlossen. «Er ist auf der Intensivstation, falls er mehr Unterstützung braucht. Er ist in den allerbesten Händen.»
Trotz der Versicherungen der Regierung, dass es Johnson den Umständen entsprechend gut gehe, beginnen sich im Land viele zu fragen, ob Großbritannien ein Vakuum an der Regierungsspitze mitten im Corona-Notstand droht. Noch vor seiner Verlegung auf die Intensivstation hatte Johnson die Regierungsführung «wenn nötig» an Außenminister Dominic Raab übergeben, denn das Amt eines Vize-Premierministers gibt es in Großbritannien nicht.
(L'essentiel/gux)