Korruptionsskandal – Brasiliens Präsident bleibt vorerst im Amt

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KorruptionsskandalBrasiliens Präsident bleibt vorerst im Amt

Trotz Bestechungsvorwürfen und sinkender Umfragewerte in der Bevölkerung kommt im brasilianischen Unterhaus keine Zweidrittelmehrheit gegen Präsident Temer zustande.

Der Generalstaatsanwalt wirft ihm Bestechung vor: Brasiliens Präsident Michel Temer. (25. Juli 2017)

Der Generalstaatsanwalt wirft ihm Bestechung vor: Brasiliens Präsident Michel Temer. (25. Juli 2017)

Eraldo Peres

Brasiliens Präsident Michel Temer wird vorerst nicht abgesetzt. Er überstand am Mittwoch eine entscheidende Abstimmung im Abgeordnetenhaus. Dieses ließ eine drohende Anklage wegen Korruption nicht zu.

Entschieden wurde über einen Antrag des Obersten Gerichtshofs, eine entsprechende Anklage zuzulassen. Doch die dafür notwendige Mehrheit von zwei Drittel der Abgeordneten (342 Stimmen) kam nicht zustande.

Am Ende stimmten 263 Abgeordnete dagegen und wiesen gegen 227 Stimmen die Anklage zurück. Wäre die Mehrheit erreicht worden, wäre Temer für 180 Tage suspendiert worden, danach hätten ihm die Amtsenthebung gedroht, wie seiner Amtsvorgängerin Dilma Rousseff vor einem Jahr.

Temer wird gnadenlos ausgepfiffen

Temers Beliebtheit liegt nur noch bei fünf Prozent wegen der ganzen Affären, die Amtszeit endet Ende 2018. Er bleibt stark angeschlagen, wenn er öffentlich auftritt, wird er gnadenlos ausgepfiffen.

Über 100 Abgeordnete soll der konservative Temer in Gesprächen um Unterstützung gebeten und Hilfe bei bestimmten Gesetzesinitiativen und Projekten zugesichert haben. Dabei sei es allein zwischen Juni und Juli um Unterstützungssummen von sechs Millionen Dollar gegangen, berichtete die Zeitung «Estado». Die linke Arbeiterpartei warf dem 76-Jährigen vor, für den Amtsverbleib Stimmen gekauft zu haben.

Bestechungsgeld in Millionenhöhe

Temer wurde von der Staatsanwaltschaft angeklagt, die Annahme von umgerechnet fast elf Millionen Euro Bestechungsgeld vom weltweit größten Fleischkonzern JBS vorbereitet zu haben.

Temer soll jahrelang Schmiergelder für seine Partei PMDB von dem Unternehmer Joesley Batista kassiert haben – der mit dem Präsidenten gebrochen hat und nach eigenen Angaben dem Korruptionssystem den Kampf angesagt hat. Der Besitzer des größten Fleischkonzerns der Welt, JBS, hatte Temer angezeigt und unter anderem einen heimlichen Mitschnitt eines Gesprächs zwischen den beiden der Justiz übergeben.

Fotos als Beweis

Dieser legt den Verdacht nahe, dass ein in Haft sitzender Mitwisser von Schmiergeldgeschäften, Ex-Parlamentspräsident Eduardo Cunha, mit Geldzahlungen von Enthüllungen abgehalten werden sollte. Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot beschuldigt Temer vor allem, Schmiergeldzahlungen akzeptiert und im Gegenzug zugunsten des JBS-Konzerns bei der Wettbewerbsbehörde interveniert zu haben.

Als Beweis dafür legte er Fotos vor, auf denen zu sehen sein soll, wie Temers Vertrauter Rocha Loures von einem JBS-Direktor einen Geldkoffer mit umgerechnet rund 170.000 Euro entgegennimmt. Der Abgeordnete wurde des Amtes enthoben – und ebenfalls angeklagt.

Die diversen Korruptionsfälle lähmen das fünftgrößte Land der Welt. Nach der tiefsten Rezession der Geschichte gibt es zwar Zeichen der Besserung, aber rund 13,5 Millionen Menschen sind arbeitslos.

(L'essentiel)

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