EU-MinisterratBriten blockieren Einigung
Der britische Finanzminister George Osborne verweigerte beim Treffen der EU-Finanzminister seine Zustimmung für schärfere Regeln bezüglich der Banken-Puffer.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (l.) im gespräch mit dem britischen Finanzminister George Osborne.
London hat den Durchbruch zur Anwendung schärferer Eigenkapitalregeln für Europas Banken in der Nacht zum Donnerstag platzen lassen. Auch nach sechzehnstündigem Verhandlungsmarathon mit seinen Kollegen verweigerte der britische Finanzminister George Osborne das grüne Licht für gemeinsame Regeln - weil diese ihm nicht ausreichend Spielraum für noch höhere Kapitalpuffer einräumen.
Es habe zwar «sehr große Fortschritte» gegeben, sagte die dänische Ressortchefin und Ratsvorsitzende Margrethe Vestager. Es seien aber noch technische Details zu klären. Sie gehe dennoch davon aus, dass auf dem nächsten Finanzministertreffen in zwei Wochen die Einigung unter Dach und Fach komme. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte das Treffen vor dem Abschluss verlassen. Er warnte, ein Scheitern wäre «desaströs». Denn mit den Auflagen muss die EU bis zum Jahresende eine G-20-Verpflichtung umsetzen.
London will noch strengere Auflagen
Um die sogenannten Basel-III-Regeln wird auch gar nicht mehr gestritten. Diese schreiben vor, dass Banken bis 2019 ihr hartes Kernkapital von zwei auf sieben Prozent anheben. Damit soll die Lehre aus der Finanzkrise von 2008 gezogen werden, als die Pleite der Lehman-Bank die Branche weltweit zum Beben brachte und milliardenschwere, vom Steuerzahler finanzierte Rettungspakete notwendig machte.
In dem Streit geht es um noch strengere Auflagen. Und ausgerechnet die sonst nicht gerade als Regulierer bekannten Briten, aber auch Polen und Schweden wollen ihren Instituten zusätzliche Puffer von bis zu fünf Prozent verordnen, um sie noch stabiler zu machen. Weil die Auflagen aber die Kreditvergabe in ganze Europa beeinträchtigen und den Wettbewerb unter den nationalen Finanzsektoren verzerren könnte, stemmten sich Franzosen, Luxemburger, Italiener aber auch Deutsche gegen eine zu große Flexibilität.
Stufenlösung als Kompromiss
Der letzte Kompromissvorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft sieht eine Stufenlösung vor, wie Vestager erklärte: Die Hauptstädte können ihren Banken zusätzliche Kapitalpolster von bis zu drei Prozent für alle (auch grenzüberschreitenden) Geschäfte vorschreiben. Bis zu fünf Prozent sollten erlaubt sein, wenn nur inländische Geschäfte betroffen sind, und darüber müssten die anderen Länder informiert werden. Wollen London oder Stockholm aber Puffer über drei Prozent hinaus verlangen, die auch für Filialen oder Aktivitäten in anderen EU-Ländern gelten, dann müsste dies bei Vorbehalten eines anderen Staates in einem Schiedsverfahren beschlossen werden.
Zeitlich befristete Polster, etwa zur Absicherung von Immobilienblasen, könnten von der EU-Kommission oder europäischen Bankenaufsehern beanstandet werden und daraufhin vom Finanzministerrat gestoppt werden.
«Das ist ein Maximum an Flexibilität», sagte EU-Finanzkommissar Michel Barnier. «Ich hätte mir ein besseres Gleichgewicht gewünscht.» Denn durch die Alleingänge von Briten, Polen oder Schweden droht eine weitere Zersplitterung des ohnehin uneinheitlichen Finanzmarktes in der EU. Andererseits hofft auch Barnier, Osborne noch für den Kompromiss gewinnen zu können.
Was ist «hartes Eigenkapital»?
Der hatte in den Verhandlungen noch eine ganz andere Baustelle aufgemacht: Er forderte eine härtere Definition des harten Eigenkapitals. Damit meinte er vor allem, dass die stillen Einlagen, mit denen deutsche Sparkassen und Landesbanken ihre Polster auffüllen, nicht als Basel-III-Kernkapital akzeptiert werden sollen. Er warf der Ratsvorsitzenden Vestager vor, ihn «wie einen Idioten» aussehen zu lassen, wenn es keine umfassende und überzeugende Lösung gebe. Dennoch war er aber am Ende isoliert und musste diese Forderung fallen lassen. Die Frage sei geklärt, sagte Schäuble.
(L'essentiel Online / Tobias Schmidt)