LuxemburgBronchiolitis-Welle setzt die Kannerklinik unter Druck
LUXEMBURG – Wegen Infektionen mit dem respiratorischen Synzytialvirus werden Kinder im Winter vermehrt ins Krankenhaus eingewiesen. In diesem Jahr ist der Ausbruch ungewohnt heftig.
- von
- Nicolas Martin

«Seit Anfang Oktober wurden bereits mehrere Dutzend Kinder mit einer Bronchiolitis* durch das respiratorischen Synzytialvirus (RSV) ins Krankenhaus eingeliefert. Bei etwa zehn war in den letzten vier Wochen ein Aufenthalt auf der Intensivstation zur Unterstützung der Atmung erforderlich». Dr. Isabel de la Fuente und die Kannerklinik des Centre Hospitalier de Luxembourg (CHL), die sich auf Infektionskrankheiten bei Kindern spezialisiert hat, verbuchen derzeit wie andere Krankenhäuser in Europa eine «besonders hohe Arbeitsbelastung und Bettenauslastung». Schuld daran ist der Ausbruch der Bronchiolitis, der in diesem Jahr früher und heftiger einsetzte.
Normalerweise tritt der Höhepunkt einer solchen Epidemie Ende Dezember oder Januar ein – dieses Jahr gibt es laut Isabel de la Fuente bereits seit den letzten Oktoberwochen viele Notfallkonsultationen und Krankenhauseinweisungen. «Sie übersteigen sogar den für diese Art von Epidemie üblichen Höhepunkt im Dezember und Januar», sagt sie. In den USA oder in Frankreich sind die dadurch verursachten Krankenhauseinweisungsraten so sind wie seit zehn Jahren nicht mehr. Im Großherzogtum stiegen die Fälle zwischen dem 10. und 16. Oktober an und verdoppelten sich in den folgenden zwei Wochen fast.
Kein spezifisches Mittel gegen die Infektion
Angesichts dieser Welle stehen die Kinderärzte unter Druck «Wir wissen, dass dieses Virus jedes Jahr epidemisch zirkuliert. Die Situation sollte sich in einigen Wochen oder Monaten verbessern, aber bis dahin müssen wir die kleinen Patienten weiter behandeln», betont die Ärztin. Es gibt keine spezifische Behandlung gegen eine Infektion, ausschließlich die Symptome können behandelt werden. Daher sei es «sehr wichtig, sie bei den ganz Kleinen zu vermeiden», so Isabel de la Fuente. Sie rät, besonders bei Säuglingen unter sechs Monaten, soziale Kontakte zu reduzieren, den Kontakt mit kranken Menschen – selbst bei einer Erkältung – oder den Besuch geschlossener Räume mit vielen Menschen zu meiden sowie Hände und das Spielzeug regelmäßig zu waschen.
Ein Augenmerk liege darauf, die Epidemie in ihrer Entwicklung zu bremsen, um «die Versorgung aller Patienten zu gewährleisten», betont Isabel de la Fuente. Seit zehn Jahren wird besonders gefährdeten Kindern eine vorbeugende Behandlung verabreicht. Weitere Impfstoffe werden derzeit erforscht und könnten nach der Zulassung während der Schwangerschaft verabreicht werden, um Neugeborene zu schützen.
Die Abteilung für allgemeine und spezielle Pädiatrie der Kannerklinik verfügt über 38 Betten und fünf Betten für die Intensivpflege. Hinzu kommen drei Betten für die Kurzzeitpflege in der Notaufnahme sowie Betten für die Kinderpsychiatrie und die Neonatologie, wo Kinder mit Bronchiolitis jedoch nicht stationär aufgenommen werden. «Im Moment ist die Belegungsrate sehr hoch. Sie könnte die üblichen Kapazitäten noch weit übersteigen», betonte Dr. Isabel de la Fuente.
Frankreich aktiviert Notfallplan wegen Bronchiolitis-Epidemie
Das RSV, das schwere Lungenentzündungen hervorrufen und insbesondere für Frühgeborene, Säuglinge und Kleinkinder sowie immungeschwächte Personen gefährlich sein kann, tritt bei Kindern typischerweise im Winter auf.
Wegen einer schweren Welle von Atemwegserkrankungen bei Babys und kleinen Kindern hat Frankreich für sämtliche Krankenhäuser des Landes einen Notfallplan aktiviert. Seit zehn Jahren habe es keine so hohe Zahl an Klinikeinweisungen wegen einer Bronchiolitis-Epidemie gegeben, sagte Gesundheitsminister François Braun vergangenen Mittwoch im Senat in Paris. Deshalb erhielten alle Regionen nun verstärkt Hilfe, um das Pflegepersonal zu unterstützen und die Betreuung der Kinder und Familien zu gewährleisten. Betroffen ist vor allem die Nordhälfte Frankreichs. Bronchiolitis ist wie Bronchitis eine Atemwegserkrankung.
Alleine in der vergangenen Woche kamen in Frankreich 6891 Kleinkinder unter zwei Jahren und Babys mit einer Bronchiolitis in die Notaufnahme, teilten die Gesundheitsbehörden mit. 2337 wurden stationär im Krankenhaus aufgenommen, 95 Prozent davon waren unter einem Jahr alt.
Belegungsrate über 100 Prozent
*Entzündung der kleinen und kleinsten Atemwege