«Im letzten Moment» – Cargolux-Stunt brachte Maschine fast zum Absturz

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«Im letzten Moment»Cargolux-Stunt brachte Maschine fast zum Absturz

LUXEMBURG - Laut einem internen Papier war die Cargolux-Maschine, die im September bei einem halsbrecherischen Stunt gefilmt worden war, fast abgeschmiert.

Das Video des Flugmanövers ging um die Welt: Ein Cargolux-Jumbo hebt in Seattle ab, kippt auf die Seite, fängt sich wieder - und kippt auf die andere Seite. Es sieht so aus, als würde der Riesenflieger in der Luft stehenbleiben und fast auf den Boden zurückkrachen - dann startet die Maschine durch.

Das Video des luxemburgischen Fliegers ging Ende September um die Welt. Cargolux musste Kritik von Medien und Luftfahrtexperten einstecken. Die Fluggesellschaft selbst hielt sich bedeckt. «Bei Cargolux gelten strenge Sicherheitsvorkehrungen», lautete eine der Antworten an die Presse. Das Manöver war ein «Wing Wave», ein Gruß der Piloten an die Arbeiter im Boeing-Werk in Seattle, wo sie den Fabrikneuen Flieger gerade abgeholt hatten.

Manager am Steuer

Jetzt haben Recherchen der deutschen Tageszeitung taz ergeben: Die Maschine wurde nicht von irgendjemandem geflogen. Im Cockpit saßen die beiden Cargolux-Vizepräsident Wieger Ketellapper und Marcel Funk sowie der technische Pilot Benedikt Stock. Die beiden Manager sind bei Cargolux unter anderem für die Flugsicherheit zuständig, alle haben einen Pilotenschein. Wer bei dem Manöver schlussendlich den Steuerknüppel in der Hand hatte ist unklar. Laut offiziellen Angaben waren es nicht die Manager, sondern Benedikt Stock. Den Stunt selbst bezeichnete Cargolux lediglich als «irreguläres Manöver».

Doch so banal ist das Sache nicht. «Das war ein Hochrisikomanöver. Das ist Cowboy-Verhalten», erklärt ein Sprecher der deutschen Pilotengewerkschaft Cockpit gegenüber der taz. «Es fehlt an gesunder Risikoabschätzung. Im Simulator fliegt man solche 45-Grad-Kurven. Airbus-Maschinen hingegen steuern automatisch schon bei 30 Grad dagegen. Aus gutem Grund.»

Gab es einen Strömungsabriss?

Und auch im Unternehmen scheint man eigentlich anders über den «Wing Wave» zu denken. Ein Mitarbeiter der Cargolux-Untersuchungskommission soll gesagt haben, das es «sehr wahrscheinlich» wirklich einen kurzen Strömungsabriss gegeben habe. Das bedeutet: Die Maschine war kurz vorm Abschmieren.

Diese Nachricht ist inzwischen wohl auch ganz oben angekommen: Laut einer Mail von Vorstandschef Dirk Reich an die Cargolux-Mitarbeiter habe nur «exzessiver Einsatz der Ruder» im letzten Moment den Absturz verhindert.

Ketellapper ist mittlerweile von einen Ämtern als Ausbilder und Pilotenprüfer zurückgetreten.

(sen/L'essentiel)

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