Sandy wirbelt Politik auf – Chris Christie, Superstar und Verräter

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Sandy wirbelt Politik aufChris Christie, Superstar und Verräter

In Krisenzeiten rücken Freund und Feind zusammen. Der Gouverneur von New Jersey lobt Präsident Obama, Parteikollege Romney lässt er links liegen.

Was ist nur in Chris Christie gefahren, fragen sich derzeit vermutlich alle republikanischen Stammwähler. Noch vor zwei Wochen schoss der Gouverneur von New Jersey scharf gegen Präsident Obama: «Wenn Sie glauben, Washington aus dem Weißen Haus heraus nicht verändern zu können, dann sollten wir Ihnen das Rückflug-Ticket nach Chicago schenken», ätzte er bei einer Wahlkampf-Veranstaltung für Herausforderer und Parteikollege Mitt Romney (siehe Video unten).

Seit Hurrikan «Sandy» seinen Bundesstaat verwüstet hat, klingt das ganz anders: Er lobt das Krisenmanagement Barack Obamas bei jeder Gelegenheit und besucht mit ihm zusammen das Katastrophengebiet. Damit nicht genug: Auf die Frage, ob eine solche Tour auch mit Mitt Romney geplant sei, antwortete er schroff: «Keine Ahnung, kein Interesse.» Und das live auf Fox News, dem Parteisender der Republikaner (siehe Video oben). Schlimmer geht nimmer.

Krisenmanager oder Wahlkämpfer in eigener Sache?

Beobachter sehen zwei mögliche Gründe für Christies Treulosigkeit gegenüber dem Kandidaten der eigenen Partei: Er ist derzeit voll und ganz mit seiner Rolle als Gouverneur von New Jersey absorbiert, das von «Sandy» besonders übel zugerichtet wurde. Der Präsident ist ein eminent wichtiger Ansprechpartner in dieser Situation, weil er dringend benötigte Bundesmittel und -gelder genehmigen kann. Wahlkampf hingegen, auch wenn es um einen Parteikollegen geht, kommt in solchen Zeiten schlecht an.

Die zweite Erklärung sieht in Christie durchaus den Wahlkämpfer – allerdings in eigener Sache. Während den lauen Vorwahlen war er lange Zeit als Überraschungskandidat gehypt worden. Obwohl er stets ablehnte und Ambitionen aufs Weiße Haus kategorisch verneinte, war klar, dass gerade ein neuer Stern in der republikanischen Partei aufgegangen war.

Sollte er Ambitionen für eine Kandidatur 2016 hegen, müsste er diese bei einem Sieg Romneys nächsten Dienstag auf Eis legen. Bei einem Sieg Obamas hingegen hätte er freie Fahrt. Indizien gibt es durchaus – und nicht erst seit «Sandy»: Christie macht oft Wahlkampf für Romney, aber er erwähnt ihn dabei fast nie.

Auch Christie würde anecken

Chris Christie hätte ungeachtet seines Superstar-Status wohl mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie Romney. Der einflussreiche konservativ-religiöse Flügel der republikanischen Partei würde sich mit dem pragmatischen Ostküsten-Politiker schwer tun und versuchen, ihn wie Romney zu Extrempositionen zu zwingen. Der wird gerade von Aussagen aus den Vorwahlen eingeholt, er wolle die nationale Behörde für Katastrophenhilfe FEMA abschaffen. Deren Arbeit wird aber seit «Sandy» von allen Seiten überschwänglich gelobt – auch von Christie.

Sollte sich der Gouverneur dereinst um Amerikas höchstes Amt bewerben, würden unweigerlich auch die alten Diskussionen um seine Fettleibigkeit von neuem beginnen. Christies genaues Gewicht ist nicht bekannt, wird aber auf über 300 Pfund (rund 140 Kilo) geschätzt.

Chris Christie liest Obama die Leviten (22. Oktober 2012)

(L'essentiel Online/kri)

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