Überwachung am ArbeitsplatzDarf Ihr Chef Ihre Mails lesen?
LUXEMBURG - Wenn Sie im Büro private E-Mails lesen oder auf Facebook surfen, darf Ihr Chef dann mitlesen? Wir haben einen Juristen gefragt.

Der Missbrauch von Bürorechnern kann den Arbeitsplatz kosten. Aber die Privatsphäre des Angestellten ist trotzdem per Gesetz garantiert...
L’essentiel Online: Haben Vorgesetzte das Recht, den Arbeitsplatzrechner und den Mail-Verkehr der Mitarbeiter zu überwachen?
Patrice Mbonyumutwa Fachanwalt für Arbeitsrecht: Ja, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Dies ist nur zulässig, wenn es um die Sicherheit oder die Gesundheit des Arbeitnehmers oder den Schutz der Vermögenswerte des Unternehmens geht. Darüber hinaus müssen Sie zwingend darüber informiert werden, wenn eine Überwachung stattfindet. Die Nationale Datenschutz-Kommission, die Personalvertretung oder sogar die Gewerbeaufsicht ITM müssen ebenfalls informiert werden. Die Mitarbeiter sind geschützt und haben das Recht auf den Schutz ihrer Privatsphäre, auch am Arbeitsplatz. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Sie eine private E-Mail verschicken, auch von Ihrem Bürorechner.
Was riskiert der Arbeitgeber im Falle einer rechtswidrigen Überwachung?
Das Gesetz sieht strafrechtliche Konsequenzen vor. Der Arbeitgeber kann zu einer Freiheitsstrafe zwischen acht Tagen und einem Jahr und einer Geldstrafe von 251 bis 125’000 Euro verurteilt werden.
Gibt es Fälle illegaler Überwachung am Arbeitsplatz in Luxemburg, die ihnen bekannt sind?
Mir ist ein Fall bekannt, in dem der Arbeitgeber sich erlaubte, direkt auf eine Ketten-E-Mail an die Mitarbeiter zu antworten, die zu seinem Geburtstag verschickt wurde. Das Problem war, das er selber nicht zu den Empfängern gehörte. Es stellte sich heraus, dass er sämtliche Mails unseres Mandanten auf seine eigene Mailbox umgeleitet hatte. Das führte dann zu einer Klage vor der Strafkammer am Bezirksgericht Luxemburg, wegen Verletzung des Briefgeheimnisses, Beleidigung (der Arbeitgeber hatte geschrieben, unser Mandant täte besser daran, zu arbeiten, anstatt seine Zeit mit dem Versenden privater E-Mails zu verschwenden), illegaler Überwachung und Verletzung der Privatsphäre. In einer anderen Angelegenheit spionierte ein Chef alle E-Mails einer Angestellten während sieben Monate aus!
Wie kommen Arbeitgeber auf die Idee, etwas derartiges zu tun?
Manchmal besteht das Ziel eindeutig darin, die Mitarbeiter zu demütigend und zu destabilisieren. Aber oft macht der Arbeitgeber dies aus Misstrauen oder einfach aus dem illusorischen Wunsch heraus, die Kontrolle über alles, was die Angestellten tun, zu haben.
Welche Branchen oder Berufe sind hauptsächlich betroffen?
Mir ist bekannt, dass Banken den Zugang zum Internet und die Kommunikation nach Außen sehr streng kontrollieren. Dies ist weniger in anderen Branchen der Fall. Meist passiert dies in Dienstleistungsunternehmen, die oft auch im Finanzbereich tätig sind. In einem älteren Fall hatte hatte aber beispielsweise der Geschäftsführer ein Automobil-Vertriebs die schlechte Idee, sämtliche E-Mails eines Mitarbeiters zu lesen und eine Kündigung aufgrund des Inhalts zu rechtfertigen...
Sind ihnen Fälle bekannt, in denen Twitter oder Facebook überwacht wurden?
Nein, noch nicht. Dies ist ein wenig komplizierter, denn wenn Sie mit Ihrem Chef auf Facebook befreundet sind, liegt dies allein in Ihrer Verantwortung. Sie sollten in dem Fall vielleicht vermeiden, Urlaubsbilder oder Party-Fotos zu posten, während Sie krank geschrieben sind (lachen). Es sieht allerdings anders aus, wenn der Inhalt ihres Facebook-Accounts verwendet wird, um Ihnen zu schaden.
Kann Ein Arbeitgeber eine Kündigung aufgrund von Inhalten aus Facebook rechtfertigen?
Ich denke, dass das Arbeitsgericht Beweise aus einer Facebook -Profil als annehmbar ansieht, falls der Arbeitgeber nachweisen kann, dass das angebliche Fehlverhalten des Mitarbeiters ausreichend ist um eine Entlassung zu rechtfertigen.
(L'essentiel/Nastassia Solovjovas)