ErnährungstrendDarum solltest du die Finger von Trinkmahlzeiten lassen
Mahlzeiten aus der Flasche liegen im Trend. Sie versorgen dich schnell mit wichtigen Nährstoffen, aber es gibt auch Nachteile. Eine Expertin ordnet ein.
- von
- Michelle de Oliveira

Schnell und unkompliziert – aber auch gut für deinen Körper? Trinkmahlzeiten sind sehr beliebt. Aber wie gesund sind sie wirklich?
Trinkmahlzeiten sind total angesagt, auf Social Media begegnen sie einem ständig und es gibt sie auch fixfertig im Kühlregal zu kaufen. Und sie klingen verlockend: Schnell und unkompliziert eine komplette, ausgewogene Mahlzeit zu sich nehmen, ohne Kochen und Abwaschen, und im besten Fall verliert man auch gleich noch ein paar unerwünschte Pfunde. So klingen die Versprechen der Firmen. Zu schön, um wahr zu sein?
Die Ernährungsberaterin Ruth Ellenberger ordnet ein: «Es gibt tatsächlich gewisse Situation, in denen solche Trinkmahlzeiten sinnvoll sind», sagt sie. «Grundsätzlich aber überwiegen die Nachteile.»

Wenn die Alternative bloß ungesundes Fast Food ist, sind Trinkmahlzeiten die bessere Wahl.
Von gelegentlichen Trinkmahlzeiten profitieren Menschen, die sehr wenig Zeit haben und denen als Alternative nur Fast Food zu Verfügung steht. Dann macht eine Mahlzeit aus der Flasche Sinn. Gewisse Berufsgruppen können sich so einfach wichtige Nährstoffe zuführen: «Etwa Fernfahrer, die an ihren Standplätzen kaum Verpflegungsmöglichkeiten haben, profitieren von solchen Drinks», erklärt die Expertin. «Sie sättigen gut und halten die Konzentrationsfähigkeit über einen langen Zeitraum hoch.»
Aber es gibt auch Nachteile. Etwa, dass die Produkte zwar ausgewogen, aber auf Dauer eben auch einseitig sind: «Viele Produkte enthalten immer das gleiche Protein, also etwa Erbsen- oder Milchprotein», sagt Ruth Ellenberger. Gerade die verarbeiteten Produkte mit Erbsenprotein vertragen viele nicht. Das kann zu Blähungen und Bauchschmerzen führen, genauso wie der oft extrem hohe Anteil an Nahrungsfasern.

Die Verdauung fängt mit dem Kauen an. Weil das bei Trinkmahlzeiten wegfällt, kann das zu Verdauungsproblemen führen.
Außerdem fehlt bei Trinkmahlzeiten etwas Wesentliches: der Kauprozess. Dieser dient nämlich nicht nur dem Zerkleinern der Nahrung, sondern beeinflusst auch das Sättigungsgefühl. Außerdem produziert der Körper während des Kauens Enzyme, welche die Verdauung fördern und beeinflussen, was der Körper überhaupt aufnehmen kann. «Dadurch wird auch das Mikrobiom, also die Darmflora, beeinflusst», erklärt die Ernährungsberaterin. «Und diese wiederum ist mitverantwortlich für das Immunsystem und sogar für neurologische Prozesse.»
Nicht zuletzt kann es zu einer geschmacklichen Abstumpfung kommen, wenn über längere Zeit fast ausschließlich Trinkmahlzeiten konsumiert werden. Man verspürt also plötzlich keine Lust mehr auf andere Speisen und verliert so auch die Freude am Essen und am Genuss.
Hin und wieder zu einer Trinkmahlzeit zu greifen, ist aber kein Problem. Die Expertin empfiehlt: «Es kann sinnvoll sein, vor der Trinkmahlzeit einen Salat mit viel harter Rohkost wie etwa Möhren zu essen. Der Salat sorgt für Volumen im Magen und zusammen mit der Trinkmahlzeit für ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl. Und man muss trotzdem nicht auf das Kauen verzichten.» Sonst sollte aber darauf geachtet werden, nicht zusätzlich zu den Drinks zu essen, weil man so schnell zunehmen kann. Es sei denn natürlich, das ist gewollt.
Konsumierst du Trinkmahlzeiten?
Und ganz wichtig: Trinken nicht vergessen. Weil die Nahrung schon flüssig ist, verspüren viele kein Bedürfnis nach zusätzlicher Flüssigkeit. «Am besten trinkt man etwa eine halbe Stunde vor oder nach der Trinkmahlzeit ein bis zwei Gläser Wasser», empfiehlt Ruth Ellenberger. «Trinkt man direkt zu den flüssigen Mahlzeiten auch noch etwas, verwässert das die Nahrung zusätzlich und die Verweildauer im Magen ist noch kürzer.»

Eine Trinkmahlzeit deckt nicht den gesamten Flüssigkeitsbedarf ab. Am besten trinkt man rund eine halbe Stunde vor oder nach der Flaschennahrung Wasser.
Trinkmahlzeiten kann man auch selbst herstellen, zum Beispiel zum Frühstück. Dazu kannst du Flocken, etwa Haferflocken, mit Quark und zum Beispiel Beeren – je nach Saison aus dem Tiefkühler – mixen und mitnehmen. So hast du eine viel gesündere Mahlzeit dabei, als wenn du dir irgendwo schnell einen Keks holst. «Ein solches Trinkfrühstück ist auch sinnvoller als ein Smoothie», sagt Ruth Ellenberger. «Denn bei diesen schießt wegen des hohen Anteils an Früchten der Blutzuckerspiegel in die Höhe. So schnell, wie dieser angestiegen ist, sinkt er aber auch wieder und man hat schon wieder Hunger. Außerdem stellt der hohe Fruchtzuckeranteil eine Belastung für die Leber und die Blutfette dar.»
Übrigens: Trinkmahlzeiten sind keine so neue Erfindung, wie du vielleicht denkst. Sie haben den Ursprung in der Raumfahrt, wo sie die Aufgabe hatten, die Astronautinnen und Astronauten schnell und unkompliziert mit exakt den Nähr- und Wirkstoffen zu versorgen, die von ihnen gerade gebraucht wurden.