LibanonDemonstranten fordern Sturz der Regierung
Hunderttausende Demonstranten sind am Wochenende im Libanon auf die Straßen gegangen. Am Montag soll sich die Regierung auf einen Reformplan einigen.

Im Libanon sind am Sonntag erneut hunderttausende Menschen zu regierungskritischen Protesten auf die Straße gegangen. Wie in den Tagen zuvor forderten sie den Sturz der Regierung. Die christliche Partei Libanesische Kräfte war am Samstagabend als Reaktion auf die Massenproteste aus der Regierungskoalition ausgestiegen. Ministerpräsident Saad Hariri setzte seiner Regierung eine Frist bis Montag, um sich auf einen Reformplan zu einigen.
Am Sonntag gingen deutlich mehr Menschen auf die Straße als an den Tagen zuvor. In der Hauptstadt Beirut sowie den Städten Tripoli und Tyrus kam das öffentliche Leben komplett zum Erliegen. Die Demonstranten riefen zur «Revolution» auf. Sie forderten einen umfassenden Umbau des politischen Systems und prangerten Korruption, Vetternwirtschaft und schlechte Lebensbedingungen im Land an.
Die Proteste waren am Donnerstag durch Reformpläne der Regierung von Ministerpräsident Hariri ausgelöst worden, eine neue Steuer auf Anrufe zu erheben, die über Onlinedienste wie Whatsapp getätigt werden. Die Regierung nahm die Pläne zwar schnell wieder zurück, doch die Proteste hielten an.
Rücktritt angedeutet
Am Freitag deutete Hariri einen möglichen Rücktritt an. Er gab seinen Koalitionspartnern bis Montag Zeit, über ein neues Reformpaket zu entscheiden.
Am Samstagabend geriet Hariri weiter unter Druck, als die Libanesischen Kräfte ihren Rückzug aus der Regierung ankündigten: «Wir sind überzeugt, dass die Regierung nicht in der Lage ist, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Lage in den Griff zu bekommen», teilte Parteichef Samir Geagea mit. Der Austritt der Libanesischen Kräfte aus der Koalition wurde von den Demonstranten auf der Straße mit Begeisterung aufgenommen.
Laut der libanesischen Nachrichtenagentur Ani nahm die Polizei am Samstag dutzende Demonstranten vorübergehend fest. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International appellierte an die Sicherheitskräfte, keine Gewalt gegen friedliche Demonstranten einzusetzen. Die 27-jährige Demonstrantin Salfa Abukais sagte, sie protestiere gegen «die Hooligans, die seit 30 Jahren in der Macht sind». Ihre Mitstreiterin Sanaa Mallah erklärte, dass sie «große Hoffnung» in die Protestbewegung habe.
Hohe Schuldenlast
Hariris Einheitsregierung wird von Vertretern aus dem gesamten politischen Spektrum unterstützt, bekommt aber die Schuldenlast des Landes nicht in den Griff.
Die Staatsverschuldung Libanons liegt nach Angaben des Finanzministeriums bei 86 Milliarden Dollar – mehr als 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Sparmaßnahmen sind dringend notwendig, um Wirtschaftshilfen in Höhe von elf Milliarden Dollar zu erhalten, die im vergangenen Jahr von internationalen Geldgebern zugesagt worden waren.
(L'essentiel/sda)