Proteste wegen Rentenreform: Demos in Frankreich laufen aus dem Ruder – Touristen fliehen vor Gewalt

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Proteste wegen RentenreformDemos in Frankreich laufen aus dem Ruder – Touristen fliehen vor Gewalt

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will seine umstrittene Rentenreform ohne Parlamentsabstimmung durchboxen. In verschiedenen Teilen des Landes kam es daraufhin zu Protesten. 

von
Reto Bollmann

Nachdem klar wurde, dass Emmanuel Macron die Rentenreform in Frankreich ohne Abstimmung durchsetzen möchte, kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen.

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Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am Donnerstag das Parlament umgangen und sich auf eine besondere verfassungsrechtliche Befugnis berufen, um eine umstrittene Rentenreform durchzusetzen, die das Rentenalter um zwei Jahre auf 64 Jahre anhebt. Der Schritt löste Proteste aus und wird voraussichtlich Misstrauensanträge gegen seine Regierung auslösen, wie France 24 berichtet. 

Das wütende Gegröle in der Nationalversammlung und die spontane Demonstration auf dem Place de la Concorde gaben wohl einen Vorgeschmack auf die nächsten Tage. «Wer Elend sät, erntet Wut», war auf einem der Plakate zu lesen. Die Polizei löste vereinzelte Proteste mit Wasserwerfern und Tränengas auf.

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Nachdem die französische Regierung eine Rentenreform ohne Abstimmung durch das Parlament gebracht hat, brachen in Frankreich viele Proteste – wie hier in Lyon – aus.

Nachdem die französische Regierung eine Rentenreform ohne Abstimmung durch das Parlament gebracht hat, brachen in Frankreich viele Proteste – wie hier in Lyon – aus.

AFP
Demonstranten stehen während einer Demonstration auf dem Place de la Concorde in Paris um brennende Absperrungen herum.

Demonstranten stehen während einer Demonstration auf dem Place de la Concorde in Paris um brennende Absperrungen herum.

AFP
Diese Aufnahmen stammen aus Paris.

Diese Aufnahmen stammen aus Paris.

AFP

Wie ein Journalist dem Figaro berichtet, zieht eine Gruppe von hundert linksextremen Aktivisten durch gehobenere Quartiere von Paris. Touristen haben schockiert die Flucht ergriffen. 73 Festnahmen habe die Polizei am Donnerstagabend in Paris bisher vorgenommen, erfuhr Le Figaro aus einer Polizeiquelle. Eine Zahl, die sich im Laufe des Abends wohl noch erhöhen wird. 

In Nantes, wo ebenfalls eine Demonstration ausbrach, seien die Bewohner in Bars geflüchtet, weil gewisse öffentliche Plätze so voll mit Tränengas waren, schreibt Le Figaro. Auch in Lyon und Rennes sei es zu Ausschreitungen gekommen, in Marseille seien zudem Geschäfte geplündert worden.

Das Renteneintrittsalter soll im Rahmen einer Rentenreform, die wohl das wichtigste Gesetz in Macrons zweiter Amtszeit darstellt, um zwei Jahre auf 64 Jahre angehoben werden. Der unpopuläre Plan hat seit Januar landesweit zu großen Streiks und Protesten geführt.

Vom Elend sind französische Rentner derzeit deutlich weiter entfernt als in anderen Industriestaaten. Weniger als fünf Prozent leben unterhalb der Armutsgrenze. In den meisten Nachbarstaaten liegt das Rentenalter bereits jetzt deutlich höher.

Rentensystem als Nationalstolz

Doch vielen Franzosen geht es bei den Protesten gegen die Rentenreform um mehr. Das Rentensystem gilt als wichtige soziale Errungenschaft, zählt zum Nationalstolz. In Frankreich leiden Beschäftigte häufiger am Arbeitsplatz als in anderen Ländern, die Strukturen sind hierarchischer.

Die Entscheidung, für die Durchsetzung der Reform auf den Verfassungsartikel zu setzen, war nur wenige Minuten vor der Abstimmung in der Nationalversammlung, dem Unterhaus des französischen Parlaments, gefallen. 

Mit Material von AFP

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