Terror in BrüsselDer mysteriöse dritte Mann
Fieberhaft suchen internationale Ermittler nach dem dritten Flughafen-Attentäter, der unerklärlicherweise überlebte.

Drei Männer hatten sich am 22. März auf den Weg zum Brüsseler Flughafen Zaventem gemacht, um sich in die Luft zu sprengen. Zwei von ihnen sind tot: der aus Marokko stammende Bombenbauer Najim Laachraoui (24) und Ibrahim El-Bakraoui (29), dessen Bruder Khalid (27) sich kurz darauf in der Metro-Station Maelbeek in die Luft sprengte.
Der dritte Flughafen-Attentäter überlebte den Anschlag und ist seither verschwunden. Er ist der Mann mit der hellen Jacke und dem Hut, ganz rechts auf der Aufnahme einer Überwachungskamera (siehe Diashow oben). Über seine Identität ist bislang nichts bekannt.
Rückzieher gemacht?
Auf dem Bild ist zu sehen, dass auch er einen Gepäckwagen vor sich her schiebt. Seine Bombe explodierte erst, als die Sprengstoffexperten bereits vor Ort waren. Sie verletzte bei der Detonation keine Menschen. Angeblich hatte er den Gepäckwagen stehen lassen und sich aus dem Staub gemacht.
Verlor er die Nerven, weil seine Bombe nicht sofort explodierte? Diese Theorie vertritt Francis Vermeiren, Bürgermeister der Brüsseler Gemeinde Zaventem, laut CBS New York. Oder hatte er plötzlich Angst bekommen, wie das beim überlebenden Paris-Attentäter Salah Abdeslam vermutet wurde?
Wo ist der Handschuh?
Vielleicht war aber auch von Beginn weg geplant, dass er überleben sollte. Spekulationen zufolge könnte er die Rolle eines Aufpassers gespielt haben, der die zwei Selbstmordattentäter zum Vollzug ihrer Tat anhielt. Solche mit dem englischen Wort «Minder» (Aufpasser) bezeichneten Leute bereiten die designierten Selbstmordattentäter laut «The Atlantic» auf die Tat vor und isolieren sie von der Außenwelt. In manchen Fällen begleiten die Minder die Selbstmordattentäter bis zum Tatort. Letzteres passiert allerdings vor allem dann, wenn Kinder als Selbstmordbomber eingesetzt werden.
Auf die Sonderrolle des dritten Mannes könnte hindeuten, dass seine Hände unbekleidet sind, während die linken Hände der beiden Selbstmordattentäter in schwarzen Handschuhen stecken. Laut einem von der «New York Times» befragten Bombenexperten sind diese groß genug, um einen Zündmechanismus zu verbergen.
Hochgefährliche Bomben
Wie Fox News in Erfahrung brachte, gibt es zwei Theorien für den Nutzen der Handschuhe. Entweder sie enthalten einen automatischen Zünder mit der Funktion, die Bombe zur Explosion zu bringen, sobald der Griff losgelassen wird – vergleichbar mit dem Totmannpedal in Lokomotiven, das bei einer Ohnmacht des Lokführers eine automatische Bremsung auslöst.
Die andere Theorie stützt sich auf Bombenrezepte in Zeitschriften der Terrormiliz Islamischer Staat (IS): Dort heißt es, Handschuhe würden die elektrostatische Aufladung vermeiden und die Gefahr verringern, dass der Zünder aus Versehen losgeht. Hintergrund der Vorsichtsmaßnahme ist die hohe Gefährlichkeit der verwendeten Bomben. Wie in Paris lud Laachraoui seine Bomben mit dem Sprengstoff Triazeton-Triperoxid (TATP). Dieser hochexplosive Stoff lässt sich aus den leicht erhältlichen Zutaten Azeton und dem Haarbleichmittel Wasserstoffperoxid herstellen.
Wie Peter Bergen auf CNN schreibt, ist der Herstellungsprozess knifflig und gefährlich. Erfahrene Bombenbastler seien daher rar, schreibt Bergen. So versuchten 2006 zwei junge Texaner, zum Spaß TATP herzustellen. Beim Kochen kam es zu einer Explosion, die einen der Männer tötete.
(L'essentiel/sut)