«Newtopia»Der Niedergang der «irrsten Show der Welt»
Die Quoten der Reality-Show «Newtopia» sinken in den Keller. Was läuft beim Sat1-Format falsch?

Es sah zuletzt besser aus für die Pioniere von «Newtopia» – und vor allem für die Produktionsfirma Tipla, die nach anfänglichem Erfolg mit Quotentiefs zu kämpfen hatte. Der Skandal um Candy, Sex und Intrigen: All das brachte Zuschauer. Nun befinden sich die Einschaltquoten aber wieder im freien Fall. Letzten Freitag hatte das Format nur einen Marktanteil von knapp acht Prozent. Umgerechnet sahen sich also rund 440.000 Leute die Sendung an. Ein neuer Tiefpunkt. Woran liegt es, dass ein so hochgepriesenes Konzept überhaupt nicht funktionieren will?
Ein Jahr lang leben 15 Menschen abgeschnitten von der Außenwelt zusammen und müssen miteinander klarkommen. So soll «Newtopia» funktionieren, eine Sendung, die – glaubt man den Machern – revolutionär ist. Das Format war in Holland ein absoluter Hit, in den USA wurde es aber aufgrund schlechter Quoten schon bald wieder abgesetzt. Nachdem Sat1 schon einige Male den Livestream temporär ausgeschaltet hatte, dachten viele, es sei nun mit dem Format endgültig vorbei.
«150 Jobs hängen da dran, ob wir weitermachen»
Nachdem Sat1 den Livestream wieder aufgeschaltet hatte, konnten die Zuschauer ein Gespräch zwischen den Pionieren Lennert und Hans mithören. «Wir pissen gerade dem Herrn de Mol vor die Karre mit der Aktion.» Damit ist John de Mol gemeint, der Erfinder der Sendung. Der holländische Multimillionär ist auch bei der deutschen Version involviert. Weiter sagt Lennert: «150 Jobs hängen da dran, ob wir weitermachen.» All das spricht nicht nur für einen Boykott der Pioniere gegen die Produktionsfirma, sondern vielmehr auch für ein baldiges Ende von «Newtopia».
Die Show funktioniert nicht. Über die Gründe kann man nur spekulieren. Als John de Mol «Newtopia» als «irrste Show der Welt» angekündigt hatte, ließ er den heutigen Selbstdarstellungsdrang außer Acht. Vielleicht wirkt ein Format, bei dem man Menschen während 24 Stunden beobachtet, gar nicht mehr so extrem. Schließlich ist es normal geworden, sein Leben rund um die Uhr mit Fotos auf Instagram und Facebook zu dokumentieren.
«Sendung dauert zu lang»
PR-Profi Ferris Bühler macht für den Misserfolg der als extrem angepriesenen Sendung zwei Faktoren verantwortlich: Die nicht vorhandene Spannung und das gleichbleibende Setting. «Der Zuschauer wünscht sich schnelle Schnitte, vielleicht das eine oder andere Chart-Lied, das eingespielt wird», meint Bühler. «So funktionieren andere Sendungen wie ‹DSDS› oder ‹Das Dschungelcamp›.» Außerdem dauere die Sendung einfach zu lange. Die wenigsten Zuschauer würden so ein Format während eines ganzen Jahres verfolgen; Spannung entstünde auch durch wechselnde, andere Settings.
«Wenn man während 356 Tagen ständig denselben Ort sieht, zappt man automatisch weiter», erklärt Bühler. Das heißt so viel wie: «Newtopia» könnte als größter deutscher TV-Flop in die Geschichte eingehen. Es gibt wohl kein Format, bei dem Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinanderliegen.
(L'essentiel/Laszlo Schneider)