Morde von AnnecyDer Radfahrer war wohl das Ziel des Killers
Ein neuer Bericht stellt die Ermittlungen im Fall des Vierfachmordes in Annecy auf den Kopf: Der Mörder hat zuerst auf den französischen Radfahrer geschossen.

Am 5. September erschoss ein Unbekannter vier Menschen im französischen Annecy: Drei Mitglieder einer englischen Familie und einen französischen Radfahrer. Bisher gingen die Ermittler davon aus, dass der 50-jährige Familienvater Saad Al-Hilli oder möglicherweise andere Familienmitglieder das Ziel eines Mordanschlages waren. Der Radfahrer habe wohl sterben müssen, weil er zu viel gesehen hatte. Ein neuer Untersuchungsbericht, der «Le Parisien» vorliegt, bestätigt, worüber Medien bereits spekulierten: Der Mörder hat zuerst auf den Velofahrer, den 45-jährigen Nuklear-Ingenieur Silvain Mollier, geschossen.
Dass Silvain Mollier die erste Salve der Schüsse traf, haben ballistische Untersuchungen ergeben. Darauf, so der Bericht, richtete der Täter seine Pistole auf den Briten Saad Al-Hilli und seine siebenjährige Tochter Zainab. Offenbar, weil sie Zeugen waren. Zainab sagte den Ermittlern, sie habe sich mit ihrem Vater außerhalb des Autos befunden, als der Schütze zum ersten Mal gefeuert habe. Sand und Kies an den Schuhsohlen der beiden bestätigen das. Gemäß «Daily Mail» wurde Zainab noch nicht offizell befragt, aber in informellen Gesprächen gebe sie den Ermittlern immer wieder wichtige Informationen preis.
Das Werk eines Amateurs
Gemäß dem Bericht rannte Saad Al-Hilli zu seinem Auto, in dem seine 47-jährige Frau, seine 74-jährige Schwiegermutter und seine jüngere Tochter Zeena saßen, um zu fliehen. In seiner Panik fuhr er aber mit seinem BMW rückwärts in eine Böschung, wo das Fahrzeug steckenblieb. Der Mörder habe daraufhin den Familienvater und die beiden Frauen erschossen. Die vierjährige Zeena, die auch im Auto war, hat der Schütze offenbar übersehen. Der siebenjährigen Zainab, die in der Nähe des BMWs war, schoss er in die Schulter und schlug ihr mit der Pistole auf den Kopf.
Der Untersuchungsbericht legt nahe, dass es sich bei dem Mörder um einen Amateur handelt. Er habe «sehr ungeordnetes Verhalten» an den Tag gelegt, sagt die Polizei. Nachdem der Täter die drei Familienmitglieder im Auto erschossen hatte, widmete er sich wieder dem Radfahrer Mollier, um seine Tat zu beenden. Dass er von einer Person zur anderen gelaufen sei und wieder zurück passe nicht zum Profil eines professionellen Killers.
Bisher konzentrierten sich die Ermittlungen auf die Familie von Saad Al-Hilli. Es wurde über einen Familienstreit um Geld, Berufsgeheimnisse oder eine mögliche Vorgeschichte des aus dem Irak stammenden Al-Hilli spekuliert. Auch ein Konto bei einer Privatbank spielte eine wichtige Rolle bei den Untersuchungen. Jetzt untersuchen die französischen Ermittler, warum der Radfahrer Mollier ermordet wurde. Sein Körper, der gegen den Wunsch seiner Familie nicht kremiert, sondern begraben wurde, soll einer Autopsie unterzogen werden.
(L'essentiel Online/rey)