KernfusionsanlageDeutschland wirft «Höllenmaschine» an
Temperaturen von hundert Millionen Grad: Im deutschen Greifswald nimmt in wenigen Tagen eine möglicherweise revolutionäre Kernfusionsanlage ihren Betrieb auf.

ARCHIV�- Monteure und Techniker arbeiteten am 07.05.2014 an dem 725 Tonnen schweren, ringf�rmigen Plasmagef�� f�r das Kernfusionsexperiment �Wendelstein 7-X� im Max-Planck-Instituts f�r Plasmaphysik in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern). Foto: Jens B�ttner/dpa (zu dpa "Institut: Magnettests an Wendelstein 7-X erfolgreich abgeschlossen" vom 07.07.2015) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Diese Maschine könnte die Energienutzung auf der Erde revolutionieren: Die 725 Tonnen schwere und 16 Meter breite Fusionsanlage «Wendelstein 7-X» in Greifswald geht in wenigen Tagen in Betrieb, wie die Seite Forschung und Wissen meldet. Bei dem Experiment wollen die Forscher die kontrollierte Verschmelzung von Atomkernen zur sauberen Energiegewinnung testen – bei Temperaturen von hundert hundert Millionen Grad. Eine echte «Höllenmaschine»!
Bei den ersten Tests des sogenannten Fusionsplasmas soll - vollkommen radioaktivfrei - zunächst mit normalem Wasserstoff gearbeitet werden. Frühestens ab 2017 soll älteren Angaben zufolge Deuterium (schwerer Wasserstoff) eingesetzt werden. Bei diesen Tests, bei denen ein kleiner Teil der Kerne verschmilzt, werden geringe Mengen Radioaktivität frei. Anders als bei der Kernspaltung in Atomkraftwerken ist bei der Fusion jedoch keine verheerende Kettenreaktion möglich.
Wichtiger Meilenstein gelang im Sommer
Stattdessen soll in Kernfusionskraftwerken später Energie klima- und umweltfreundlich erzeugt werden. Die Verschmelzung der Atomkerne soll dabei ähnlich wie auf der Sonne ablaufen. Wann die Technik kraftwerksreif sein wird, ist bislang offen. Kritik an der Fusionsforschung kommt vor allem von den Grünen und Umweltverbänden. Sie sehen in ihr ein Hemmnis der Energiewende. Zudem hatten sie Zweifel an der Sicherheit der Anlage, die durch ein von der Genehmigungsbehörde beauftragtes TÜV-Gutachten ausgeräumt wurden.
Im Sommer haben die Forscher einen wichtigen Meilenstein beim Experiment«Wendelstein 7-X» erreicht: Erstmals konnten sie ein Magnetfeld in der Fusionsanlage aufbauen – die Spulen waren lange Zeit die Achillesferse des Projekts. Der magnetische Käfig für das viele Millionen Grad heiße Fusionsplasma habe die von den Physikern berechnete Gestalt, sagte der zuständige IPP-Bereichsleiter Thomas Sunn Pedersen. Mit dem Nachweis sogenannter geschlossener Flussflächen im Magnetfeld sei die Voraussetzung für den Betrieb bestätigt worden.
«Wendelstein 7-X» ist nach Institutsangaben nach Fertigstellung die weltweit größte Fusionsanlage vom Typ Stellarator, der im Dauerbetrieb laufen kann. Die Anlage soll noch keine Energie erzeugen, aber die Kraftwerkseignung untersuchen. Im französischen Cadarache entsteht mit Iter die erste Demonstrationsanlage vom Typ Tokamak, der im Gegensatz zu einem Stellarator «gepulst» betrieben wird – er muss zwischenzeitlich immer wieder neu gestartet werden.
(L'essentiel/dpa)