Kubanische Zigarren – Die Angst vor dem Ascheregen

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Kubanische ZigarrenDie Angst vor dem Ascheregen

So einen Wettbewerb kann es nur in Kuba geben. Zigarren-Fans treffen sich, um herauszufinden, wer den größten Aschezylinder schafft.

Beißender Rauch füllt den Raum. Die Schwaden vernebeln die Beleuchtung, und man ahnt jetzt schon, wie die Kleidung bis in die letzte Faser verpestet wird, vielleicht sogar die Haut. Doch die Stimmung ist prächtig. Applaus, Gelächter, Zwischenrufe aus der Menge, die fröhlich die «H. Upmann Sir Winston» raucht – die beeindruckende, fast 18 Zentimeter lange kubanische Zigarre.

Mehr als 450 Zigarrenfans rauchen sich hier gegenseitig etwas vor. Denn auf dem Zigarrenfestival von Havanna gilt es, eine geradezu essenzielle Frage der Menschheit zu klären: Wer schafft die längste Aschespitze an seinem Stumpen, bis sie abfällt?

«Wie eine Pilgerfahrt»

«Ich finde das super», sagt der argentinische Sommelier Flavio Lanfredi. Mit den besten Langaschern kann er allerdings bei weitem nicht mithalten: Er ist bereits früh aus dem Wettbewerb ausgeschieden. «Für mich ist das wie eine Pilgerfahrt oder wie ein Besuch im Spielzeugladen für ein Kind, dem man sagt, es darf sich alles nehmen, was ihm gefällt. Es ist wirklich aufregend.»

Das geht wohl manchem so in diesem höhlenartigen Raum des Kongresspalasts von Havanna, wo die Wettbewerbsteilnehmer auf luxuriösen Ledersesseln zwischen Tischen mit Aschenbechern, Anzündern, Schokoladenbonbons und altem Rum ihren Rauch in die Luft blasen. Ihre Zigarren bewegen sie dabei nur äusserst vorsichtig – aus Sorge um die grauen Reste des abgebrannten Tabaks an der Spitze.

Gigantische Aschespitze

Bei Amateuren wie Lanfredi fängt die Asche schon an abzufallen, bevor sie auch nur die Hälfte der Zigarre geraucht haben. Könner halten dagegen am Ende nur noch einen kleinen Tabakrest mit einer gigantischen Aschespitze in der Hand.

«Es war ziemlich stressig, und mir ist jetzt auch ein bisschen schwindlig», sagt der kubanische Restaurator Andres Espinosa. Aber für ihn hat es sich gelohnt: Mit seinem rund 15,8 Zentimeter langen Aschezylinder liegt er an diesem Tag ziemlich weit vorne. Noch besser ist allerdings die Kubanerin Olivia Terri, deren Asche mit 16,7 Zentimeter vermessen wird.

Werbung für Zigarren aus Kuba

Die Sir Winston ist ein pummeliger Stumpen, ihr Farbton ein sattes Braun mit einem goldfarbenen Schimmer. Sie wird von Hand gerollt, die Tabakblätter kommen aus Pinar del Rio, dem traditionsreichsten Anbaugebiet Kubas. Bei dem Asche-Wettbewerb geht es natürlich hauptsächlich um den Spass, aber Kuba will auch für seine Spitzenzigarre werben. Über mangelnde Nachfrage muss sich das Land nicht beklagen und auch nicht über fehlendes Interesse. Zum einwöchigen Zigarrenfest sind rund 1'500 Raucher aus 80 Ländern gekommen.

«Dieser Wettbewerb richtet sich vor allem an Leute, die die Qualität unseres Produkts schätzen», sagt Ana Lopez, Marketing-Chefin der Herstellungs- und Vertriebsfirma Habanos SA. «Nur bei Produkten von herausragender Qualität hat die Asche eine lange anhaltende Konsistenz.»

(L'essentiel/ Verena Schmitt-Roschmann, AP)

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