In Luxemburg«Die Jungen müssen den Alten widersprechen»
LUXEMBURG – Weicheier oder Visionäre? Engstirnige Faulpelze oder vernetzte Kreative? Was die deutsche Bloggerin Ronja von Rönne über ihre Generation Y denkt.

Der junge Mensch ist postmodern, gut vernetzt und auf der Sinnsuche. Und angesichts scheinbar unendlicher Möglichkeiten an Jobs, Partnern und Lebensentwürfen nicht auch ein wenig planlos? Nicht erst seit der aktuellen europaweiten Online-Jugendumfrage über die Generation What will man wissen, was die jungen Leute heute umtreibt und was von der Generation What oder Y (für Why, ständiges Hinterfragen) zu Erwarten ist.
Darüber wird an diesem Mittwochabend in der Abtei Neumünster diskutiert: Das Institut Pierre Werner hat die Journalistinnen Ronja von Rönne aus Deutschland und Julia Tissier aus Frankreich eingeladen. Das Gespräch «Wir kommen – La Génération Y par elle-même» wird von dem Luxemburger Autor Guy Helminger moderiert und zudem gedolmetscht.
Whiskey Sour am Strand
Ronja von Rönne hat sich vorab mit L'essentiel über die Generation Y, der zwischen 1980 und 1999 Geborenen, ausgetauscht. Auch über den mit jeder Jugend diskutierten Generationenkonflikt: Gestandene Personaler haben Probleme mit den wenig materiellen Wünschen der Generation Y (Sabbatical, Baby-Pause, Work-Life-Balance). Mancher stempelt die «Jugend von heute» wahrscheinlich tagtäglich als Weicheier ab. Hat von Rönne einen Tipp, wie die Jungen erklären, warum sie sich nicht aufreiben, sondern persönlich entwickeln wollen? Vielleicht, aber für von Rönne läuft es eh anders: «Sie müssen sich nicht erklären. Es ist Verpflichtung und Privileg der Jungen, den Alten zu widersprechen und scheinbar gesetzte Wertvorstellungen zu hinterfragen.»
Um Personaler mit gesetzten Wertvorstellungen ein wenig zu trollen, hat L'essentiel von Rönne nach ihrer Zukunft gefragt. Die Frage «Wo sehen Sie sich in 20 oder 30 Jahren?» drängte sich dabei geradezu zwanghaft auf. «Ein Strand in Südfrankreich. Ein junger, gutaussehender Franzose bringt mir einen Whiskey Sour, fragt, ob ich noch etwas brauche, und ich antworte 'nein, nein, nein, gar nicht'. Denn ich habe absolut alles, was es zum Glücklichsein braucht.» Kein Reihenhaus, keine Führungsposition, kein schickes Auto. Selbstironisch kommt von Rönne dann in die Realität zurück: «Wahrscheinlich genauso fluchend wie momentan vor einer leeren Seite, wahrscheinlich immer noch zaudernd und hadernd und ab und zu ist kurz alles gut, und keiner weiß, warum.» Mindestens drei Minuspunkte vom fiktiven Personaler der alten Schule.
Zum Widersprechen verpflichtet
Aber was macht sie nun aus, die Generation Y, der von Rönne auch angehört? Auf die Frage lässt sie sich nur «für den ungewöhnlichen Fall» ein, man würde ihr «ein Messer an die Kehle halten». Aber auch ohne Messerattacke nennt sie dann als Tugenden «Effizienz, Empfindsamkeit und Innovation», negativ fallen ihr «Empfindsamkeit, Orientierungslosigkeit und Engstirningkeit» auf. Die Stärken dieser Generation sind irgendwo auch Schwächen? Stimmt die Definition der «Jugend von heute», sollten die Vertreter der Generation Y das nun hinterfragen. Aber bitte empfindsam und engstirnig, und möglichst noch innovativ und effizient.
Doch Babyboomers, Generation X, Generation Y oder What hin oder her: «Hobbygenerationentheoretiker» hält die 24-jährige von Rönne sowieso für «gefährlich». Schließlich hieße über eine Generation zu urteilen «Verallgemeinerung und Vereinnahmung», wozu sie sich nicht berufen fühlt. Empfindsam formuliert. Wer jetzt orientierungsloser als vorher ist: Die Diskussion über die Generation Y beginnt an diesem Dienstag in der Abtei Neumünster. Um 19 Uhr im Saal José Ensch. In Luxemburg-Stadt.
(sop/L'essentiel)
Ronja von Rönne und Julia Tissier
Die deutsche Autorin und Journalistin Ronja von Rönne schreibt für Die Welt und hat zuletzt ihren Debütroman «Wir kommen» veröffentlicht. Auf ihrem Blog Sudelheft schreibt sie selbstironisch und pointiert.
Die französische Journalistin Julia Tissier hat 2013 das feministische Cheek Magazine gegründet. Gemeinsam mit Myriam Levain veröffentlichte sie zudem die Bücher «La Génération Y par elle-même» und «Y comme Romy».