Im seichten, warmen Wasser – Die mit den Haien schwimmen

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Im seichten, warmen WasserDie mit den Haien schwimmen

Wer Haie nur aus Horrorstreifen kennt, wähnt sich hier im falschen Film: Im kalifornischen La Jolla reißen sich die Touris darum, mit den Tieren zu schwimmen.

In den warmen Gewässern vor La Jolla versammeln sich jeden Sommer Hunderte Leopardenhaie, eine nicht aggressive und sogar scheue Art. Sie haben sich zu einer Touristenattraktion entwickelt, ein Unternehmen bietet Kajak- und Schnorcheltouren unter ihnen an.

Wie in einer Szene aus einem Horrorfilm durchpflügen Hunderte Haie die seichten Gewässer vor der kalifornischen Stadt La Jolla. Schon der Anblick eines einzelnen Hais löst unter Strandbesuchern häufig Panik aus, doch im Fall der Leopardenhaie von La Jolla ist das anders. Anstatt sich in Sicherheit zu bringen, schwimmen Badegäste eigens weiter hinaus, um die Tiere besser zu sehen. Viele berichten anschließend von einem unvergesslichen Erlebnis.

Weibchen brüten wie Vögel

«Ich mache das seit Jahren, und ich schwimme noch immer mit ihnen», sagt Ezekiel Morphis vom Unternehmen HBK Sports, das Kajak- und Schnorcheltouren unter den Haien anbietet. «Ich finde es großartig.» Die Leopardenhaie nähern sich dem Strand von Juni bis Anfang Dezember. Vor allem im August und September versammeln sich Hunderte von ihnen am La Jolla Shores Beach nördlich von San Diego. Meist handelt es sich um schwangere Weibchen.

Wegen eines Tiefseecanyons vor der Küste sind die Wellen bei La Jolla niedriger. Dadurch mischt sich das kalte Wasser aus der Tiefe nicht mit dem wärmeren Wasser der seichten Gewässer. Die niedrigen Wellen und das warme Wasser sind für die kaltblütigen Haie der perfekte Aufenthaltsort, bevor sie später an anderer Stelle ihre Jungen zur Welt bringen.

«Eigentlich brüten diese Weibchen», sagt Andrew Nosal, Forscher am Birch-Aquarium in La Jolla. «Sie entwickeln Embryos wie eine Vogelmutter, die auf den Eiern sitzt, um sie warm zu halten.»

Leopardenhaie sind nicht aggressiv, eher ein wenig scheu

Aber ist es denn gar nicht gefährlich, im offenen Pazifik mit Haien zu schwimmen? Nein - zumindest nicht mit diesen Haien. Leopardenhaie sind nicht aggressiv und sogar ein wenig scheu. Sie stürzen bei jeden Zeichen von Unruhe im Wasser davon. Zudem haben sie ein kleines Maul und kleine Zähne und ernähren sich von Krustentieren, Krabben und Knochenfischen. Selbst wenn sie also zubissen, würden sie kaum Schaden anrichten.

«Natürlich besteht immer ein kleines Risiko, wenn man mit Tieren schwimmt», sagt Nosal. «Aber Leopardenhaie sind generell nicht aggressiv. Sie sind sogar recht schreckhaft, und es kann schwierig sein, sich ihnen beim Schnorcheln zu nähern. Am besten lässt man sich treiben, denn mit Treten oder jeder Art von Lärm vertreibt man sie.»

Unheimlich bei rauer See

An windstillen Tagen ist das Wasser außergewöhnlich klar, so dass die dunklen Streifen und Flecken auf dem Rücken der Haie gut zu sehen sind, während sie ihren menschlichen Besuchern um die Beine schwimmen oder unter den Kajaks hindurch tauchen.

Bei rauerer See beträgt die Sicht nur wenige Meter. Dann ist die Szenerie etwas unheimlich, wenn die bis zu 1,5 Meter langen Haie schemenhaft scheinbar aus dem Nichts auftauchen und genauso schnell wieder verschwinden.

Von null Reaktion bis absolute Begeisterung

Die Reaktionen der Schwimmer sind unterschiedlich. «Wir erleben alles, von kaum einer Reaktion über absolutes Entsetzen bis hin zu absoluter Begeisterung», sagt Morphis. Es hänge wohl auch vom Vorwissen der Menschen über Haie ab. Ein mögliches Gefühl der Furcht weicht allerdings in den meisten Fällen einem ehrfürchtigen Staunen, einem Gefühl des Einsseins mit der Natur.

«Ich sehe Leopardenhaie als freundliche Botschafter für Haie im allgemeinen», sagt Forscher Nosal. Die Menschen könnten so ihre Furcht vor Haien überwinden und sehen, dass nicht alle Spezies potenziell gefährlich sind. «Das sind keine mickrigen Tiere. Sie sehen wie Haie aus, sie sind ziemlich groß, und so viele an einem Ort zu sehen, ist wirklich eindrucksvoll. Ich war dort draussen von mindestens 50 dieser Tiere auf einmal umgeben, und es ist sehr beeindruckend.»

(L'essentiel Online/ap)

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