Kolinda Grabar-KitarovicDie Präsidentin, die öfter ins Fettnäpfchen tritt
Bei der WM legte sie öffentliche Tanzeinlagen ein, nun macht sie mit kontroversen Aussagen auf sich aufmerksam: Kroatiens Staatschefin sorgt mit einem Interview für Aufruhr.

Kolinda Grabar-Kitarovic ist vielen vor allem wegen der Fußball-WM in Russland in Erinnerung. Damals umarmte die kroatische Staatspräsidentin halb nackte und verschwitzte Spieler, strich dem französischen Staatschef über die Haare und legte vor dem russischen Premierminister eine Tanzeinlage ein. Ein kroatischer Kolumnist schrieb nach dem Finalspiel der WM, dass bei Grabar-Kitarovic «die Bremsen versagt haben». Einige kroatische Patrioten feierten ihre Staatschefin aber für ihre Auftritte.
Nun hat die Politikerin in einem Interview mit der österreichischen «Kleinen Zeitung» wieder für kontroverse Schlagzeilen gesorgt, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Darin warf sie der EU vor, sie habe in der Flüchtlingskrise kläglich versagt und sei zu naiv gewesen. Die meisten Ankömmlinge seien Männer «im kampffähigem Alter», die EU habe also «die falschen Flüchtlinge» aufgenommen.
In ihrem eigenen Land sind in den letzten eineinhalb Jahren zwölf Flüchtlinge tödlich verunglückt und mehrere NGOs beschuldigen die kroatische Polizei, Personen an der bosnischen Grenze verprügelt zu haben.
Das Leben sei schlimm gewesen
Damit endeten die seltsamen Aussagen der Staatschefin aber noch nicht. Sie äußerte sich auch zum Leben im alten, sozialistischen Jugoslawien, zu dem Kroatien bis zur Unabhängigkeitserklärung 1991 gehörte. Es sei sehr schlimm gewesen damals, sagt Grabar-Kitarovic. Als Kroate habe man sich nicht einmal getraut, über seine Herkunft zu reden. Man habe nicht gesagt «Ich bin Kroate», sondern viel eher «Ich komme aus Kroatien», denn beim Zeigen von Nationalstolz hätte einem die Gefängnisstrafe gedroht.
Ein solches Völkergefängnis, wie die Staatschefin dies behauptet, war Jugoslawien aber nicht. So fragen sich beispielsweise Journalisten des Newsportals Index.hr: «Wieso lügt die Präsidentin?» Denn in der jugoslawischen Verfassung von 1974 hieß es, dass die kroatische Teilrepublik ein Nationalstaat des kroatischen Volkes sei. Außerdem spielte das Radio Zagreb jede Nacht kurz vor Mitternacht die kroatische Nationalhymne.
Auch in Sachen Joghurt lag die Präsidentin falsch. Im Interview mit der österreichischen Zeitung sagt sie, es habe im alten Jugoslawien überhaupt keine Auswahl an Joghurts gegeben. Die Fachzeitschrift «Mljekarstvo» (Molkerei) berichtete allerdings 1975, dass es in Jugoslawien mindestens 85 verschiedene Joghurtsorten gebe. Die zukünftige Staatschefin war damals acht Jahre alt.
Nicht zum ersten Mal
Bereits im Frühling hatte Grabar-Kitarovic in Argentinien mit ihren Aussagen für Aufregung gesorgt. Damals hatte sie behauptet, dass viele Kroaten dort nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs einen «Raum der Freiheit» gefunden haben. Tatsächlich flüchteten aber vor allem Führer der kroatisch-faschistischen Ustascha-Bewegung in das südamerikanische Land. Während des Kriegs selbst waren Zehntausende Serben, Juden, Roma und kroatische Partisanen in Konzentrationslagern ermordet worden. Daher empörten sich viele Kroaten über die Äußerungen ihrer Präsidentin in Argentinien.
Seit sie im Amt ist, versucht Grabar-Kitarovic, die kroatischen Nationalisten zu mobilisieren. Eine ihrer ersten Handlungen im Amt war es, die Statue des jugoslawischen Führers Josip Broz Tito aus der Empfangshalle der Präsidentenresidenz zu entfernen. Außerdem ist die Präsidentin Fan des umstrittenen Sängers Marko Perkovic alias Thompson, der als «Barde des Hasses» bekannt ist. Für kommendes Jahr hat sich Grabar-Kitarovic ihre Wiederwahl zum Ziel gesetzt.
(L'essentiel/doz)