Punt GunsDie tödlichsten Schrotflinten aller Zeiten
Im 19. Jahrhundert nutzten US-Jäger Feuerwaffen von ungeheuerlicher Durchschlagskraft. Mit nur einem Schuss konnten sie bis zu 100 Vögel erledigen.

In den jungen Vereinigten Staaten war die kommerzielle Jagd auf Wasservögel ein lohnenswertes Geschäft. Nicht nur das Fleisch der Vögel war beliebt, auch die Federn fanden reißenden Absatz. Es war gerade Mode, dass die Damen Federn an ihren Hüten trugen. Kein Wunder suchten die Jäger zu Beginn des vorletzten Jahrhunderts nach Wegen, die Jagd effizienter zu gestalten und ihren Profit zu maximieren.
Mit diesem Ziel vor Augen entwickelten die professionellen Jäger Schrotflinten, wie sie die Welt zuvor noch nicht gesehen hat. Die sogenannten Punt Guns waren bis zu drei Meter lang und verfügten über ein Kaliber von 5 Zentimetern und mehr. Das Gewicht der von Büchsenmachern meist als Einzelstücke angefertigten Waffen lag üblicherweise bei rund 50 Kilogramm. Sie konnten gut und gerne ein halbes Kilo Schrot aufs Mal verschießen.
Aufs Boot montiert
Diese enormen Waffen konnten natürlich nicht im Schulteranschlag abgefeuert werden. Sie waren dafür zu schwer und der Rückstoß hätte beim Schützen wohl schwere Verletzungen verursacht. Aus diesem Grund montierten die Jäger ihre Riesenflinten meist auf kleine flache Boote, sogenannte Punts.
Mit diesen Booten näherten sie sich einem Schwarm von Wasservögeln auf 10 bis 20 Meter. Da die Punt Guns fest verbaut waren, mussten sie zum Zielen das Boot mithilfe einer Stange oder kurzen Paddeln in die ungefähre Richtung des Schwarms manövrieren. Wenn sie abdrückten, waren anschließend je nach Größe der Flinte fünfzig bis hundert Wasservögel tot. Den Rest des Morgens verbrachte der Jäger dann damit, die verendeten Enten oder Gänse einzusammeln.
1000 Vögel in einer Nacht
Um die Effizienz der Riesenflinten noch zu erhöhen, taten sich oft vier bis acht Jäger zusammen, reihten ihre Boote auf einer Linie auf und drückten zeitgleich ab. So soll ein gewisser Ray Todd im Osten der USA zusammen mit drei Kollegen auf einen Schlag 419 Vögel getötet haben. Nach dem ersten Schuss seien die Vögel ein Stück weggeflogen und hätten dann weitergefuttert. In dieser Nacht hätten sie noch dreimal abgedrückt und bis zum Morgen über 1000 Tiere getötet, berichtete Todd stolz. Bei einem Marktpreis von 3.50 Dollar das Stück hätten sie das Geschäft ihres Lebens gemacht.
Wenig überraschend gingen in der Folge die Bestände an Wasservögeln in den USA rapide zurück. Neben dem Verlust an Lebensraum dürfte der Gebrauch der Punt Guns ein Hauptfaktor gewesen sein. Besonders denjenigen, die die Jagd als Sport betrieben, waren die Riesenflinten der Profis ein Dorn im Auge. Sie riefen nach schärferen Gesetzen und so war die Jagd mit Punt Guns bis in die 1860er-Jahre in den meisten US-Bundesstaaten verboten. 1918 trat schließlich ein Gesetz zum Schutz von Zugvögeln in Kraft, dass der Jagd mit Punt Guns den endgültigen Todesstoß versetzte.
Ein US-Jagdmagazin stellt zwei kompakte Punt Guns vor. (Video: Youtube/Field & Stream)
(L'essentiel/jcg)
Schweizer Gesetz
Hierzulande sind Wasservögel vor Punt Guns geschützt. Die «Verordnung über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel» vom 29. Februar 1988 verbietet die Jagd mit Schrotwaffen mit einem Kaliber von mehr als 18,2 mm (Kaliber 12). Außerdem ist seit einigen Jahren Bleischrot für die Wasservogeljagd verboten. Stahlschrot darf weiter verwendet werden.