KühlkreislaufEDF bestätigt Risse in mindestens einem Reaktorblock in Cattenom
CATTENOM – Drei der vier Cattenom-Reaktoren stehen aktuell still. Sie werden auf Risse in Rohren überprüft – bei einem haben diese sich bestätigt. Der Luxemburger Atomexperte Roger Spautz schätzt die Gegenmaßnahmen als nicht langfristig ein.
- von
- Miriam Meinecke

Nur der Meiler Cattenom 2 ist aktuell in Betrieb.
Wegen mehrfach aufgetauchter, feiner Risse in Leitungen der Notfall-Kühlsysteme hatte der Energieversorger EDF (Électricité de France) Ende August angekündigt, zwölf seiner 56 Atomreaktoren in Frankreich abzuschalten – darunter drei des Kernkraftwerks Cattenom. In mindestens einem Reaktorblock haben sich Risse bestätigt, wie zunächst die Saarbrücker Zeitung (SZ) nach einer nicht öffentlichen Sitzung der lokalen Informationskommission des Kernkraftwerks (CLI) am Montag unter Berufung auf EDF berichtet hat.
In Reaktorblock 3 gibt es nach einer L'essentiel vorliegenden EDF-Präsentation an den Schweißnähten von sechs Leitungen ein bis zwei Millimeter lange Risse. Im Block 1 gebe es eine leichte Spur auf einer der sechs geprüften Schweißnähte. Im Block 4 hat es bei den Untersuchungen demnach keine Hinweise auf derartige Schäden gegeben.
Risse können Notkühlung beeinträchtigen
Die Risse befinden sich in Rohren des Not-Kühlkreislaufes. Atomexperte Roger Spautz von Greenpeace Luxemburg und Mitglied der CLI erklärt: «Wenn man in einem Notfall viel Wasser einspeisen müsste, könnte es durch die Risse passieren, dass die Notkühlung nicht funktioniert.»
Die genaue Ursache für die Risse sei noch nicht gefunden, Gründe könnten unter anderem Probleme mit dem Material sein sowie der Verlauf der Leitungen. Letzterer sei bei den betroffenen 1300-Megawatt-Reaktoren wie in Cattenom anders als beispielsweise bei welchen mit 900 Megawatt Leistung. Greenpeace bemängelt das Vorgehen von EDF, um die Mängel zu beheben, als nicht nachhaltig.
«Um das Grundproblem zu lösen, müssten die Leitungen anders verlegt werden», so Spautz. Dazu müsste allerdings das Konzept des Reaktors geändert werden – was theoretisch möglich sei, für den Betreiber allerdings sehr teuer. Stattdessen tauscht EDF die Teile mit Rissen aus. «Sie nehmen das gleiche Material mit der gleichen Schweißmethode», moniert er. Dadurch sei nicht auszuschließen, dass die Korrosionsprobleme in wenigen Jahren wieder auftauchen. Um auf anderes Material umzusteigen, müsste dies allerdings erst in einem langwierigen Prozess qualifiziert werden, erklärt Roger Spautz die Betreiber-Entscheidung.
Nur der zweite der vier Reaktorblöcke ist derzeit in Betrieb, er soll im kommenden Frühjahr umfassend überprüft werden, wenn der Reaktor zum Wechsel der Brennstäbe vom Netz genommen wird. Die abgeschalteten Meiler sollen bis Ende des Jahres wieder in Betrieb gehen.
Wegen weiterer Instandsetzungsarbeiten waren zuletzt insgesamt mehr als die Hälfte der französischen Atomkraftwerke außer Betrieb. Frankreichs Stromversorgung steckt dadurch seit Monaten in Schwierigkeiten, weshalb EDF in den kommenden Monaten möglichst viele Reaktoren wieder aktivieren soll. Dem Konzern setzt die Krise finanziell zu. Frankreich hat am Dienstag das Verfahren zur kompletten Verstaatlichung von EDF eingeleitet.