Die Prozesse 2016 – Ein Polizist als Räuber und Schläge im Gericht

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Die Prozesse 2016Ein Polizist als Räuber und Schläge im Gericht

RHEINLAND-PFALZ - Es ging um Missgeschicke, Unglücksfälle oder schwere Straftaten. Die Justiz blickt auf ein Jahr mit bewegenden und manchmal skurrilen Prozessen zurück.

Eine geschlossene Zugtoilette in der Regionalbahn von Koblenz nach Trier sorgte für einen Gerichtsprozess.

Eine geschlossene Zugtoilette in der Regionalbahn von Koblenz nach Trier sorgte für einen Gerichtsprozess.

DPA/Haralt Tittel

Ein Polizist, der eine Bank ausraubt, ein richtungsweisendes Urteil für den Fußball und ein schlimmer Verdacht gegen Erzieherinnen und Erzieher: Auch im Jahr 2016 gab es bedeutende, bewegende und skurrile Prozesse an rheinland-pfälzischen Gerichten. Eine Auswahl:

- Eine Frau, die sich bei einer Bahnfahrt ohne funktionierende Zugtoilette in die Hose gemacht hatte, klagte vor dem Landgericht Trier auf Schmerzensgeld. Das Gericht entschied jedoch im Februar: Wer in einer Regionalbahn ohne funktionierendes Klo unterwegs ist, hat Pech gehabt. Die Frau hätte während ihrer zweistündigen Reise zwischen Koblenz und Trier an einer von 30 Haltestellen aussteigen und nach dem Toilettengang am Bahnhof ihre Fahrt fortsetzen können.

Zu mildes Urteil - Schlägerei

- Für große Erleichterung im deutschen Profi-Fußball sorgte das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz im Fall des ehemaligen Mainzer Torwarts Heinz Müller. Dabei ging es im Februar um die Frage, ob die gängige Praxis von befristeten Arbeitsverträgen im Fußball-Geschäft überhaupt zulässig ist. Das Gericht entschied gegen Müller, dass Vereine ihren Spielern auch weiterhin befristete Zwei-, Drei- oder Vierjahresverträge geben können.

- Oft sind Schlägereien der Grund für Gerichtsverhandlungen. Am Landgericht Landau war ein Prozess im April jedoch Auslöser für Handgreiflichkeiten. Als das Gericht sein Urteil zum gewaltsamen Tod eines Mannes verkündete, stürzten sich mehrere Männer auf den Angeklagten, darunter ein Bruder des Opfers. Sie hätten das Strafmaß von achteinhalb Jahren wohl als zu mild angesehen, sagte ein Gerichtssprecher. Bei der Schlägerei wurden der Angeklagte sowie drei Polizisten und drei Wachtmeister verletzt.

Tödlicher Unfall im «Holiday Park»

- Im August 2014 war ein elfjähriges Mädchen im pfälzischen Freizeitpark «Holiday Park» an einem Fahrgeschäft gestürzt. Dort wurde sie von den Plattformen des Karussells überrollt und tödlich verletzt. Das Amtsgericht Neustadt/Weinstraße verurteilte im Juni dieses Jahres den damaligen Bediener des Fahrgeschäfts wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe. Zwei mitangeklagte Ex-Vorgesetzte des Mannes wurden hingegen freigesprochen - zur Unzufriedenheit der Eltern des getöteten Mädchens.

- Zwei Erzieherinnen hielten in einer Eifeler Jugendhilfeeinrichtung Kinder kopfüber in die Toilette und spülten ab. Das Amtsgericht Prüm stellte das Verfahren im Dezember jedoch ein, da die damals zwölf Jahre alten Jungen freiwillig an der «ausgeuferten Spaßaktion» mitgemacht hätten.

Die Stimmen im Kopf

- Eine Niederlage erlitt der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) im August vor dem Oberverwaltungsgericht in Koblenz. Das Landesinnenministerium hatte zuvor den Verein «Hells Angels MC Bonn» mit Sitz in Neuwied verboten. Die Rocker klagten dagegen und bekamen Recht: Das Gericht befand, dass der Bundesinnenminister für das Verbot zuständig gewesen wäre, da der Verein auch länderübergreifend in Nordrhein-Westfalen aktiv war. Im November verbot schließlich Thomas de Maizière (CDU) den Rockerclub als kriminelle Vereinigung.

- Eine Frau fuhr im September 2014 absichtlich falsch auf die Autobahn 63 bei Mainz auf. Stimmen in ihrem Kopf hätten ihr befohlen, sich das Leben zu nehmen, begründete sie später. Auf der Autobahn prallte sie mit einem Lkw zusammen, doch sowohl die Frau als auch der Lkw-Fahrer überlebten. Wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilte das Landgericht Mainz die psychisch krankte Frau im April zu zwei Jahren Haft auf Bewährung.

Polizist als Bankräuber

- Eigentlich sind Polizisten dazu da, Banküberfälle zu verhindern. Da ein 30-jähriger Beamter in Olsbrücken (Kreis Kaiserslautern) die Rollen tauschte und selbst eine Sparkasse überfiel, verurteilte das Landgericht Kaiserslautern den Mann im Juli wegen schweren Raubes zu viereinhalb Jahren Haft. Der Polizist hatte den Leiter der Filiale mit einer Waffe bedroht und knapp über 50 000 Euro erbeutet.

- Der Heidelberger Hermann Theisen ist überzeugter Atomwaffengegner. Deshalb forderte er Soldaten des Eifel-Fliegerhorstes Büchel wiederholt mit Flugblättern dazu auf, Befehle zu verweigern und die Öffentlichkeit über möglicherweise dort stationierte US-Atomwaffen zu informieren. Wegen Anstiftung zum Geheimnisverrat wurde der Mann angeklagt, doch das Landgericht Koblenz sprach ihn im Juli frei.

- Ein Jahr lang standen sechs Erzieherinnen und ein Erzieher aus Mainz unter einem schlimmen Verdacht: In einer Kita soll es über Monate hinweg zu sexuellen Übergriffen und herabwürdigendem wie gewalttätigem Verhalten zwischen Kindern gekommen sein. Dagegen hätten die Erzieher nichts unternommen und sie wurden daher entlassen. Im Juni stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen jedoch ein, da es keine Beweise für die Anschuldigungen gab. Sechs der sieben Entlassenen klagten vor dem Mainzer Arbeitsgericht, die Verfahren endeten mit einem Vergleich.

(L'essentiel/dpa)

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