«Sie schienen ganz normal» – Eine Familie von Selbstmord-Attentätern

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«Sie schienen ganz normal»Eine Familie von Selbstmord-Attentätern

In Indonesien haben islamistische Extremisten einen Selbstmordanschlag mit ihren Kindern verübt. Bereits am Sonntag sprengte sich eine sechsköpfige Familie in die Luft.

In Indonesiens zweitgrößter Stadt Surabaya ist es am Montag erneut zu einem Selbstmordanschlag gekommen. Und wieder soll sich eine ganze Familie mit ihren Kindern in die Luft gesprengt und zehn Personen verletzt haben. Ein achtjähriges Kind überlebte die Attacke auf eine Polizeistation in der Großstadt. Auf Aufnahmen von Überwachungskameras war ein Kind zu sehen, das nach dem Anschlag am Tatort umherirrte.

Erst am Sonntag hatte eine sechsköpfige Familie in Surabaya Selbstmordanschläge auf drei Kirchen verübt. Neben Mutter und Vater gehörten zwei Mädchen im Alter von acht und zwölf Jahren sowie zwei Söhne im Alter von 15 und 17 Jahren zu der Familie, sagte Polizeichef Tito Karnavian. Bei den Anschlägen, die zur Zeit des Sonntagsgottesdienstes verübt wurden, starben 14 Menschen.

Gesichtsschleier und Sprengsätze um die Hüften

Eines der Ziele war die katholische Santa-Maria-Kirche. Fernsehbilder zeigten ein brennendes Fahrzeug und einen leblosen Körper vor der Tür der Kirche. «Ich war entsetzt, viele Leute schrien», sagte der 23-jährige Roman der Nachrichtenagentur AFP.

Der Ehemann, Dita Oepriarto (46), habe seine Frau, Puji Kuswati (42), mit den beiden Töchtern vor einer der Kirchen abgesetzt. Sie trugen Gesichtsschleier und um die Hüften Sprengsätze.

Kurz darauf steuerte der Vater ein mit Sprengstoff beladenes Auto in eine andere Kirche. Die beiden Söhne seien mit Motorrädern in die dritte Kirche gefahren, wo sie ihre Sprengsätze zündeten. «Es waren alles Selbstmordanschläge, aber die Bomben-Typen sind verschieden», sagte der Polizeichef.

Vater als Anführer einer extremistischen Zelle

Nachbarn beschrieben die Familie gegenüber ABC Australien als «total normale Leute». «Ihre Kinder spielten oft mit meinen», sagte ein Nachbar. «Herr Dita war sehr freundlich. Sehr nett mit den Nachbarn und sozial engagiert. Eine normale Person in einer ganz normalen Nachbarschaft.»

Doch offenbar war Vater Dita Anführer einer Zelle der Extremistengruppe Jamaah Ansharut Daulah (JAD). Diese unterstützt die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Der IS reklamierte die Anschläge vom Sonntag über sein Propaganda-Sprachrohr Amaq für sich.

Keine Syrien-Rückkehrer

Indonesische Medien berichteten zunächst, die Familie sei womöglich aus dem Bürgerkriegsland Syrien zurückgekehrt, wo in den vergangenen Jahren hunderte Indonesier für den IS gekämpft haben. Die Polizei teilte später jedoch mit, dass die Familie nie nach Syrien gereist war. Die Spekulationen über einen möglichen Syrien-Aufenthalt kommen nicht von ungefähr: Seit der IS in Syrien seine Gebiete verloren hat, sollen rund 500 Indonesier von dort zurückgekehrt sein.

Es waren die ersten Anschläge in Südostasien, die der IS für sich reklamierte. Zugleich waren es seit Jahren die schlimmsten Anschläge in Indonesien, dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt.

Zu dem Selbstmordanschlag auf die Polizeistation vom Montag bekannte sich bislang niemand.

(L'essentiel/gux/afp)

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