In der Pfalz – Eine Weltmeisterschaft der anderen Art

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In der PfalzEine Weltmeisterschaft der anderen Art

PFALZ – Bei der Weltmeisterschaft im Weihnachtsbaumwerfen sind nicht nur sportliche Fähigkeiten gefragt. Spaß und ausreichend Glühwein werden auch benötigt.

Weltmeister Christopher Milloth konnte seinen Titel nicht verteidigen.

Weltmeister Christopher Milloth konnte seinen Titel nicht verteidigen.

DPA/uwe Anspach

Mit Wucht dreht sich Andreas Steinle dreimal um die eigene Achse, dann fliegt die Fichte, an einer dicken Paketschnur befestigt, wie beim Hammerwurf über seine rechte Schulter und kracht auf den Hartplatz. 5,16 Meter, verkündet der Wettkampfrichter. «Mann, ist mir jetzt schwindelig», sagt der 51-Jährige. Tiefe Lachfalten graben sich in sein Gesicht. Er ist am Sonntag extra aus Waghäusel-Kirrlach aus dem Landkreis Karlsruhe ins pfälzische Weidenthal gefahren. Dort messen sich zum zwölften Mal zahlreiche Männer und Frauen mitten im Pfälzerwald bei der Weltmeisterschaft im Weihnachtsbaumwerfen. Hunderte Zuschauer, eingepackt in dicke Daunenjacken und Wollmützen, verfolgen den Dreikampf am Rande des Sportplatzes.

Die Teilnehmer müssen eine etwa 1,50 Meter große Fichte wie einen Speer werfen, wie einen Hammer schleudern und über eine Hochsprunglatte jagen - die Höhe bestimmen sie selbst. Die Einzelwerte werden addiert; wer auf den größten Gesamtwert kommt, gewinnt.

«Riesengaudi»

Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Wettstreit hatten die alten Herren des Fußballclubs F.C. «Wacker», angelehnt an die Aktion einer schwedischen Möbelkette, verrät Organisator Herbert Laubscher. Passend dazu klebt ein Stoffelch auf seinem Schlapphut. «Natürlich sind die Fichten keine echten Weihnachtsbäume.» Die Nadelgewächse seien am Samstag extra im gemeindeeigenen Wald gefällt worden, so der 65-Jährige. «Ich mache das jetzt schon länger und noch immer ist das eine Riesengaudi», sagt Laubscher.

Ähnlich sieht das auch der Weltrekordhalter Frank Schwender aus Frankeneck. «Klar will man nicht verlieren, aber ich nehme das alles locker», sagt der 53-Jährige mit dem breiten Rücken. Vor dem ersten Wurf «dopt» er sich mit einem Bier. «Für Glühwein ist es mir zu warm», sagt er und lacht. Der Verkaufsleiter ist hart im Nehmen, er tritt sogar trotz seines Muskelfaserrisses an. «Das wird aber keine Ausrede sein», schiebt er hinterher - und trägt später mit einem Gesamtwert von 22,47 Metern den Sieg davon. Er wird damit Fünffachweltmeister.

Trinken gehört dazu

Sein Konkurrent, der amtierende Titelverteidiger und Lokalmatador Christopher Milloth (27), schlürft einen halben Liter Kakao - natürlich mit Alkohol. «Zugegeben, wir sind auch Weltmeister im Trinken.» Einige Probewürfe haben die Weit- und Hochwerfer trotzdem zuvor gemacht, schließlich lässt es sich sonst unter dem Jahr nicht für die WM trainieren. «Ich kann ja schlecht den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer rumschmeißen», sagt Milloth und grinst.

Probleme mit dem fehlenden Training hat auch Brigitte Enzenauer (54), die nicht nur ihren Freund Andreas Steinle unterstützt, sondern selbst auch zum ersten Mal antritt. «Ich hatte schon ein bisschen Herzklopfen», verrät sie. Im Weitwurf pfefferte sie die Fichte beim zweiten Versuch auf stolze 3,55 Meter. Die Idee bei der WM teilzunehmen hatten beiden beim Kegeln. Jetzt sind sie im Wettkampffieber. «Die Jacke habe ich schon ausgezogen, so warm ist mir», sagt die medizinische Fachangestellte. Dabei weht unter dem grauen Wolkenteppich am Himmel ein eisig-kalter Wind, der vielen Wettkämpfern Probleme macht. Die Muskeln werden kalt, und der Baum scheint noch schwerer in der Luft zu liegen.

Siegerin bei den Frauen wurde Sandra Schreiner (43) aus Maximiliansau mit insgesamt 14,38 Metern. Viele Zuschauer wärmten sich währenddessen an ihren Glühweinkrügen. «Ein halber Liter, sowas habe ich noch nie erlebt», sagt Oliver Denk aus Mannheim. «Das ist wirklich großartig». Mit seiner Frau ist er zum ersten Mal in die Pfalz gefahren. «Wir sind total überrascht und begeistert», schwärmt der 50-Jährige.

(L'essentiel/dpa)

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