Benfica LissabonEs ist Zeit, das Image aufzupolieren
Benfica Lissabon hat eine große Tradition und schon über 60 Titel gewonnen. Doch die meisten Erfolge sind längst vergilbt – jetzt droht eine Traumsaison mit drei Enttäuschungen zu enden.

32-mal portugiesischer Meister, 27-mal Cupsieger und zweimal Gewinner des Landesmeisterpokals. Über das Palmarès von Benfica Lissabon können die meisten Vereine Europas nur neidisch staunen. Am Mittwochabend, um 20.45 Uhr bietet sich Benfica im Finale der Europa League gegen Chelsea zudem die Chance den zweitwichtigsten europäischen Wettbewerb erstmals zu gewinnen.
Benficas Problem ist, dass die Erfolge meist in ferner Vergangenheit erzielt wurden. In den 60er Jahren wirbelten Eusebio und Co. ganz Europa durcheinander. Neben den zwei Titeln im Pokal der Landesmeister (Vorgänger der Champions League) stand das Team in jenem Jahrzehnt drei weitere Male im Endspiel des prestigeträchtigen Cups. Es gab acht Meistertitel und drei Cupsiege zu bejubeln. In den letzten 20 Jahren kamen nur sechs der über 60 Pokale in die Vitrine des Vereins. Mit anderen Worten: Die Trophäen haben mächtig Staub angesetzt, der Siegerlack ist vergilbt. Es ist höchste Zeit, das fraglos beeindruckende Image wieder etwas aufzupolieren.
Meistertitel in der letzten Sekunde wohl verspielt
In dieser Saison sah es dafür lange sehr gut aus. Das Team von Jorge Jesus befand sich noch bis am Wochenende auf dem Weg zum Triple. In der Meisterschaft war man Erster, in der Europa League und im Cup (26. Mai gegen Guimaraes) stehen zwei Endspiele an. Doch am Sonntag setzte es im zweitletzten Ligaspiel gegen Porto die erste Niederlage der Saison ab. Der 19-jährige Kelvin besiegelte diese in der 92. Minute. Trainer Jesus fiel an der Seitenlinie theatralisch auf die Knie, so schmerzhaft war die Pleite für ihn (Video unten). Trotz 74 Treffern und nur 19 Gegentoren in 29 Partien und einem Vorsprung von 20 Zählern auf das Drittplatzierte Paços de Ferreira dürfte der Meistertitel wegen einer Niederlage weg sein.
«Spanische Verhältnisse» würde man bei Barcelona und Real schreien. In Portugal krankt die Liga am gleichen Problem. Seit drei Jahren lagen Porto und Benfica immer geschlossen auf den ersten zwei Rängen, seit 2002 holte immer eines der beiden Teams den Titel (achtmal Porto) und in den letzten 30 Spielzeiten ließen es die beiden Ligagiganten nur dreimal zu, dass andere Teams eine Meisterfeier veranstalten konnten. Für Benfica ists trotzdem bitter: Der FC Porto steht meist vor der Sonne.
Der Fluch von 1962
Verliert Benfica im Europa-League-Finale, droht eine Saison, die bis vor wenigen Tagen noch herrliche Aussichten bot, im Horror zu enden. Am Mittwochabend könnten die Portugiesen dabei über einen Fluch von 1962 stolpern. Damals holte das Team unter Trainer Bela Guttmann den zweiten Europapokal der Landesmeister in Serie. Der ungarische Coach forderte eine Gehaltserhöhung, welche abgelehnt wurde. Guttmann sagte damals: «Benfica wird in Europa nie wieder etwas gewinnen.» Seither bestritt das Team sechs Endspiele in Europa und verlor alle.
Um den Fluch zu brechen dürften die Portugiesen heute wieder auf ihr Kombinationsspiel setzen. Ähnlich wie Barcelona lässt Benfica den Ball zirkulieren und gilt als eines der attraktivsten Teams Europas. Im Sturm steht mit Oscar Cardozo ein Hüne von einem Mann. Der Paraguayer ist nicht nur kopfballstark, sondern hat auch einen starken linken Fuß. Seit seinem Wechsel nach Europa 2007 erzielte er in 255 Partien 159 Tore. Nicht wenige halten ihn für den meistunterschätzten Angreifer des Kontinents. Im Halbfinal gegen Fenerbahçe erzielte der 1,93m-Mann zwei seiner sechs Europa-League-Treffer in dieser Saison.
Immer wieder gehen die besten Spieler weg
Mit den Innenverteidigern Ezequiel Garay und Luisão sowie Flügelflitzer Nicolas Gaitan, der als Di-Maria-Ersatz verpflichtet wurde, und Nemanja Matic, welcher von Chelsea beim Kauf von David Luiz «abgeschoben» wurde, stehen weitere Spieler im Kader der Lissaboner, die in Europa das Interesse der Topteams weckten. Damit wären wir bei einem Problem Benficas. Immer wieder können die Starspieler nicht gehalten werden. Dies war in den letzten Jahren bei Axel Witsel (zu Zenit), Fabio Coentrao (zu Real), Javi Garcia (zu ManCity), Angel Di Maria (zu Real), David Luiz oder Ramires der Fall. Letztere zwei stehen am Mittwochabend ausgerechnet bei Gegner Chelsea wohl in der Startaufstellung.
(L'essentiel Online/fox)
Finale am 15. Mai in Amsterdam:
Benfica Lissabon - FC Chelsea um 20.45 Uhr