Jean-Claude Juncker – «Es wäre falsch, Tabuzonen zu errichten»

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Jean-Claude Juncker«Es wäre falsch, Tabuzonen zu errichten»

Ohne Solidarität geht es nicht, um den Euro zu sichern: Das hat Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker in einem «Spiegel»-Interview klar gemacht. Länder wie Deutschland dürften aber nicht überfordert werden.

Im Streit über die Lehren aus der Schuldenkrise hat Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker eine Debatte ohne Tabus gefordert. Die Staats- und Regierungschefs sollten nicht davor zurückschrecken, Anleihen hochverschuldeter Euro-Länder aufzukaufen, sagte Juncker in einem am Samstag veröffentlichten «Spiegel»-Interview. «Es wäre falsch, Tabuzonen zu errichten, aber wir dürfen die Starken auch nicht überfordern.» Ohne solide Haushalte in schwachen Staaten sei keine Solidarität von starken Staaten zu erwarten. «Und ohne Solidarität kommen wir in Sachen Solidität nicht weiter.»

In der Diskussion über eine bessere Ausstattung des Euro-Rettungsschirms (EFSF) trat Juncker dem Eindruck entgegen, dass vor allem Deutschland dadurch belastet werden könnte. Um den Schirm effizienter zu machen, müssten auch andere Länder mit guter Bonitätsnote ihren Beitrag leisten. An einer Reform des EFSF führe auf jeden Fall kein Weg vorbei. «Es ist unabdingbar, dass wir die 440 Milliarden Euro, die wir im vergangenen Mai in Aussicht gestellt haben, nun auch effektiv bereitstellen.»

Er zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Bundesregierung diesem Ziel nicht verschließen werde. Neben einer Reform des Rettungsschirms wird in der Euro-Zone auch über eine Umschuldung finanziell angeschlagener Staaten wie etwa Griechenland diskutiert. Auf die Frage, wie eine solche Umstrukturierung aussehen könnte, sagte Juncker: «Es macht keinen Sinn, diese Frage jetzt öffentlich zu erörtern.»

In der EU wird derzeit über ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Sanierung der Staatshaushalte in Europa diskutiert, die durch die schwere Rezession 2009 und die Finanzkrise aus dem Ruder gelaufen sind. Bis zum EU-Gipfel Ende März soll ein Konzept stehen. Bis dahin soll auch klar sein, welche Kompetenzen genau der schon beschlossene Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) haben soll, der im Juli 2013 den vorläufigen EFSF ablöst.

L'essentiel Online/tageblatt.lu

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