EU-KommissarinEU ohne Briten? Reding hält Option für möglich
Die luxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding lassen die Drohungen aus Großbritannien kalt. Sie rechnet fix mit Jean-Claude Juncker als nächsten EU-Kommissionschef.

Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Viviane Reding, nimmt die Drohgebärden aus London gelassen zur Kenntnis.
Der EU droht eine institutionelle Krise, sollte Jean-Claude Juncker nicht Präsident der nächsten EU-Kommission werden. Das sagt die luxemburgische Vizepräsidentin der EU-Kommission, Viviane Reding (CSV), gegenüber L'essentiel. «Das Ergebnis der Europawahl liegt auf dem Tisch. Die EVP ist stärkste Partei. Jetzt müssen endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden, alles andere bringt uns nicht weiter», fordert die CSV-Politikerin.
Unter den europäischen Staats- und Regierungschefs ist in der vergangenen Woche ein Streit um die Personalie Juncker entbrannt. Laut Spiegel habe der britische Premier David Cameron der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gedroht, er könne den Verbleib seines Landes in der EU nicht garantieren, sollte der frühere Luxemburger Premier das Amt bekommen. Neben Großbritannien sollen auch Ungarn, Schweden und die Niederlande mit Juncker nicht einverstanden sein. Auch Merkel ging zunächst auf Distanz zum Spitzenkandidaten der europäischen Konservativen. Juncker selbst reagierte in einem Interview der Bild am Sonntag: «Die EU muss sich nicht erpressen lassen», sagte er.
EU-Austritt der Briten denkbar
Seine Parteikollegin und Landsfrau Viviane Reding geht nun sogar einen Schritt weiter. Auf die Frage, wie sie die Austrittsdrohung der Briten bewertet, sagt sie: «Jedem ist die freie Entscheidung über einen Verbleib in der EU überlassen. Es kann nicht sein, dass Europa sich von einer kleinen Gruppe erpressen lässt, die versucht, die Stimmen der Wähler zu ignorieren.» Ein EU-Austritt der Briten sei möglich, aber nicht wünschenswert, sagt Reding.
Trotz aller Querelen geht sie aber davon aus, dass Juncker der nächste Präsident der EU-Kommission sein wird. Der Nachfolger von José Manuel Barroso müsste zunächst vom Europäischen Rat nominiert und danach von der Mehrheit der Europaparlamentarier gewählt werden. Eine Entscheidung soll beim nächsten EU-Gipfel Ende Juni fallen.
Sollte Jean-Claude Juncker den Spitzenposten bekommen, hat das auch Konsequenzen für die weitere politische Karriere von Viviane Reding. Da jedes Mitgliedsland nur einen Kommissar entsenden kann, müsste sie ihren Platz für Juncker räumen und wäre künftig «nur mehr» einfache Europaparlamentarierin. Im Gespräch mit L’essentiel sagt die 63-Jährige: «Das wäre für mich kein Abstieg, sondern eine ehrenvolle Aufgabe. In dieser Funktion kann man ebenso dazu beitragen, Europa weiter auszubauen.»
(L'essentiel/jt)