DrogenEU warnt vor gefährlichem Drogentrend in Luxemburg
LUXEMBURG – Gratis-Tests und Kokain-Injektionen: Die Drogensüchtigen im Großherzogtum nutzen vermehrt Spritzen. Deshalb gibt es auch viele HIV-Infektionen.

Die Polizei hat 2015 in Luxemburg acht Kilogramm Heroin, elf Kilogramm Kokain, 270 Gramm Amphetamine, 20 Kilogramm Cannabis und 81 Cannabispflanzen sichergestellt. Insgesamt fand die Police Grand-Ducale 543 PIllen MDMA ins Netz.
Die EU hat in Sachen Drogen lobende Worte für Luxemburg gefunden: Die Drogennutzung geht insbesondere in den Schulen zurück, stellt die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) in ihrem Jahresbericht 2017 fest. Insgesamt würden sich sämtliche Drogen – bis auf Kokain – im Großherzogtum auf dem Rückmarsch befinden.
Aber diese Zahlen haben einen Haken – denn sie basieren auf Daten, die spätestens im Jahr 2015 erhoben wurden. «Unsere Daten sind aktueller», sagt Luxemburgs Drogenkoordinator Alain Origer zu L'essentiel. Denn die Resultate einer Bevölkerungsbefragung, die im vergangenen Jahr erstmals in Luxemburg durchgeführt wurde, habe man erst Anfang 2017 auswerten können. Die Daten sind in den EU Bericht deshalb erst gar nicht eingeflossen.
Junkies nutzen verstärkt Spritzen
Genau wie die EU sieht aber auch Origer eine große Gefahr in verstärkten Nutzung von Spritzen bei den Drogenabhängigen. Laut dem EMCDDA-Bericht haben sich im Jahr 2015 deshalb 14 Menschen in Luxemburg mit HIV infiziert. Das sind zwar drei weniger als 2014 – stellt aber nach Lettland und Estland immer noch den dritthöchsten Wert in der EU dar. Insgesamt gehen 27 Prozent aller HIV-Neuinfektionen aufs Konto von verunreinigten Spritzen.
Woran liegt das? «Das Angebot von sogenannten Testern ist größer geworden», erklärt Drogenexperte Origer. Die Dealer würden den Konsumenten dabei eine «Gratis-Drogenprobe» verabreichen, um ihren Kundenkreis zu vergrößern. «Aber der Hauptgrund ist, dass der Markt von Kokain überschwemmt wird», sagt Origer. Eben diese Droge würde immer öfter direkt in die Vene injiziert. Und während ein Heroinsüchtiger sich einen Schuss täglich setze, kommen die Kokainjunkies auf «bis zu zwölf Injektionen pro Tag». Für manchen Süchtige besteht der Tagesablauf laut Origer nur noch aus «Stoff besorgen, injizieren, Stoff besorgen, injizieren» – mit entsprechend hohem Infektionsrisiko.
Heroin ist der Killer Nummer 1
Die meisten drogenbedingten Todesfälle gehen in Luxemburg dennoch noch immer auf das Konto von Heroin. 92 Prozent der Drogentoten hatten 2015 laut EMCDDA ein Opioid im Blut. Damit lag das Großherzogtum bei 150 Prozent des EU-Schnitts. 83 Prozent der Opfer waren Männer.
Drogenkoordinator Origer fürchtet in Zukunft aber vor allem eine Schwemme von synthetischen Opioiden. «Die sind noch nicht in Luxemburg angekommen», sagt er. «Aber wenn die Kriminellen das morgen auf den Markt im Großherzogtum werfen, geht es ganz schnell.» Origer warnt davor, dass manche der Retorten-Opioide bis zu 80 Mal stärker als Heroin sind. «Eine riesige Gefahr überzudosieren.»
(Tobias Senzig/L'essentiel)
Der Straßenwert von Drogen in Luxemburg
Ein kleines Tütchen Marihuana (ungefähr 3,5 Gramm) kostet in Luxemburg zwischen 20 und 30 Euro. Das geht aus Zahlen der Police Grand-Ducale hervor.
0,3 Gramm Heroin kosten 20 Euro, 0,5 Gramm 50 Euro. 2,5 Gramm werden von der Polizei mit einem Straßenwert von 70 bis 100 Euro beziffert. Die Beamten fügen jedoch hinzu, dass die Preise sowohl vom Dealer als auch von der Qualität abhängig sind.
Die Preise von Kokain sind mit denen von Heroin weitgehend identisch. Laut Polizei liegt das daran, dass die Qualität des Kokains in den vergangenen Jahren stark gesunken ist.
Quelle: Police Grand-Ducale
Woher kommen die Drogen?
Laut dem EU-Bericht kommen die meisten illegalen Drogen aus den Niederlanden nach Luxemburg. Aus Belgien werden vor allem MDMA und Amphetamine importiert, aus Marokko Cannabis. Das Kokain, das im Großherzogtum verkauft ist stammt aus Lateinamerika – und wird über Südeuropa hergebracht. Heroin wird über den «nördlichen Zweig der traditionellen Balkan-Route» nach Luxemburg geschmuggelt. sen