Schluss mit Privilegien – EU will Real und Barça den Geldhahn zudrehen

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Schluss mit PrivilegienEU will Real und Barça den Geldhahn zudrehen

Ronaldo, Ibrahimovic, Bale: Real Madrid und FC Barcelona sind Transfer-Rekordhalter. Woher die Millionen für die Einkäufe kommen, ist unklar. Nun fragt die EU nach.

Real Madrid bastelt am Rekordtransfer: Für 120 Millionen Euro wollen die Königlichen den Waliser Gareth Bale von Tottenham Hotspur loseisen. Kommt der Deal zustande, gehören den Königlichen die Top 3 der teuersten Fußballtransfers.

Mit Cristiano Ronaldo (2009 für 94 Millionen Euro) und Zinédine Zidane (2001 für 73,5 Millionen Euro) haben die Königlichen die ersten zwei Plätze bereits inne. Ebenfalls aufs Podest schafft es der FC Barcelona: Die Katalanen holten 2009 Zlatan Ibrahimovic für 69,5 Millionen Euro.

Die Transfermacht von Real und Barça ist riesig: Kommt Bale nach Madrid, haben Real und Barcelona die sieben teuersten Transfers aller Zeiten getätigt. Nebst Spaniens Superklubs schaffen es Paris St-Germain (Edinson Cavani), Chelsea (Fernando Torres) und Monaco (Radamel Falcao) in die Top 10. Der grosse Unterschied zu den spanischen Rivalen: Sie haben superreiche Geldgeber aus Russland oder dem arabischen Raum, die ihr Privatvermögen investieren.

Real und Barça sind Non-Profit-Organisationen

Auch bei den reichsten Fußballklubs mischen Real Madrid und der FC Barcelona vorne mit. Laut dem Wirtschaftsmagazin «Forbes» belegt Real hinter Manchester United den 2. Rang, gefolgt von Barça. Im Gegensatz zu den Red Devils, die als Aktiengesellschaft organisiert sind, sind die spanischen Klubs Non-Profit-Organisationen, also Vereine im eigentlichen Sinne. Sie finanzieren sich über Mitgliederbeiträge, Spenden, Zuschüsse oder Prämien und dürfen eigentlich keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen. Woher das Geld kommt, ist oft unklar. Staatliche Finanzspritzen – davon ist seit langem die Rede – sollen dabei keine Ausnahme sein. Zudem genießen die Klubs aufgrund ihres Status Steuervorteile.

Dieser Sonderstatus gilt seit 1990 nicht nur für Real und Barcelona, sondern auch für Athletic Bilbao und Osasuna. Damals beschloss die spanische Regierung, dass aus den Fußballklubs – bis auf die besagten vier – Aktiengesellschaften werden müssen. Bereits 2009 ist im EU-Wettbewerbsbüro, wo mehrere Spanier wichtige Positionen besetzen, gegen diese Sonderstellung eine Klage eingegangen. Pikant: Joaquin Almunia, Leiter des Büros, macht keinen Hehl daraus, dass er Fan von Bilbao ist. Der spanische Politiker bekräftigte aber, dass er gewillt sei, gegen illegale staatliche Finanzspritzen vorzugehen. Bis heute wurde trotz einjähriger Frist kein Entscheid gefällt.

Zweitligisten mussten schon dran glauben

Nun hat sich der Bürgerbeauftragte der Europäischen Union eingeschaltet. Er ist für Missstände in der Verwaltungstätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union verantwortlich. In einem Brief hat er sich an José Manuel Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, gewandt und auf eine Entscheidung gedrängt. Auf Anfrage des «Independent» hat sich die Kommission folgendermassen geäussert: «Die Dauer der Untersuchungen ist auf die Komplexität des Falles sowie die Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden zurückzuführen.»

Es ist bereits die zweite Untersuchung gegen Real Madrid. Der Hauptstadtklub steht unter Verdacht, 1996 einen Deal mit der Stadt gemacht haben. Es ging um das Trainingsgelände innerhalb der Stadt, das verkauft und in Bauland umgewandelt wurde. Zusätzlich wurden im Norden der Metropole ein 120 Hektar grosses Gelände erworben. Daraus baute Real die «Ciudad Deportiva», das Trainingsgelände. Beide Untersuchungen spitzen sich nun zu – ausgerechnet im Sommer, in dem Real drauf und dran ist, den Transfer-Weltrekord wieder einmal zu brechen. Wie lange es noch geht, bis die vier spanischen Erstligisten ihren Sonderstatus verlieren, steht in den Sternen.

TV-Gelder ungleich verteilt

Eine erzwungene Umwandlung eines Klubs in eine Aktiengesellschaft kann verheerende Folgen haben. Das zeigte sich am Beispiel von CD Guadalajara. Der Zweitligist musste Anfang Juni wegen finanziellen Unregelmäßigkeiten in die 3. Liga absteigen. Mit Alcorcon könnte es einem weiteren Zweitligaklub an den Kragen gehen. Diese Woche kommt aus, ob Alcorcon kommende Saison eine Liga tiefer spielen muss. Bitter: Der Madrider Vorstadtklub hatte die letzte Saison auf dem ausgezeichneten fünften Rang beendet.

Die finanzielle Ungleichheit im spanischen Fußball hat aber noch einen anderen Grund: Nirgendwo in Europa sind die TV-Gelder, mittlerweile der größte Einnahmenfaktor für Fußballvereine, so ungleich verteilt wie in Spanien. Die Vereine können die Verträge individuell aushandeln, weshalb Barça und Real rund die Hälfte der Gesamteinnahmen der Liga einstreichen. Spaniens Politiker verkündeten kürzlich, dass sich dies bald ändern soll. Die TV-Gelder sollen kollektiv verteilt werden.

(L'essentiel Online/als)

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