Selbstzensur – Faber streicht «Schwanz» aus seinem neuen Song

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SelbstzensurFaber streicht «Schwanz» aus seinem neuen Song

«Geh auf die Knie, wenn ich dir mein' Schwanz zeig», heißt es in Fabers neuem Lied «Das Boot ist voll». Beziehungsweise hieß es – der Schweizer hat nämlich den Text geändert.

«Das Boot ist voll» ist Julian Pollina (26) alias Fabers Mittelfinger gegen den Fremdenhass, der in diesen Zeiten wieder vermehrt geschürt wird.

Ende Juli hat der Zürcher den Song veröffentlicht, eine Woche später schon klingt das Stück ein wenig anders: Faber hat die beiden markantesten Zeilen durch neue Lyrics ersetzt (siehe Box).

Auf Instagram hat er eine Erklärung abgegeben. L'essentiel hat nun nachgebohrt.

Julian, wann hast du dich entschieden, den Refrain von «Das Boot ist voll» zu ändern?

Schon ziemlich früh. Aber ich habe mich vom guten Feedback verleiten lassen. Ich habe ihn aufgenommen und fand dann kurz vor Fertigstellung zum Produzenten: «Hey, kannst du die Zeilen nicht vielleicht doch rausnehmen?» Er riet mir davon ab und meinte, das Bild sei dafür viel zu stark und wichtig.

Und so hast du die ursprüngliche Version veröffentlicht.

Das war am letzten Juli-Freitag. Der Song lief gut an, aber am Tag darauf bin ich aufgewacht und fand: «Das will ich nicht so haben – nach dem Hören bleiben einem nur noch diese beiden Zeilen.»

Und dann?

Ich habe rumtelefoniert und gesagt, dass ich den Refrain ändern will, bekam aber gesagt, dass das doch nicht gehe, jetzt, wo der Song gut angelaufen sei. Das wäre ja auch ein Affront gegenüber den Hörern, denen der Song so gefällt, wenn ich dann sage, dass ich ihn nicht gut finde.

Aber du hast dich diesmal durchgesetzt.

Ja. Ich habe Mittag gegessen, die neue Version geschrieben und dann gleich eingesungen. Schwieriger war dann, die alte Fassung zu ersetzen, weil man die nicht einfach überall so schnell ändern kann. Zuletzt hat es bis Freitag gedauert, bis die neue Version nun fast überall zu finden ist.

«Das Boot ist voll» in seiner neuen Version. (Quelle: Youtube/FABER)

Wie haben die Leute darauf reagiert?

Nach der Änderung habe ich einige Rückmeldungen à la «Hey, wo ist mein Song?» bekommen.

Viele finden in den Social-Media-Kommentaren aber auch, dass diese Version mindestens so gut ist wie die vorherige.

Ich habe mir mittlerweile selbst Handyverbot erteilt. Ich schaue mir die Kommentare nicht mehr an. Aber als ich es zunächst noch getan habe, sah ich auch die wildesten Spekulationen, dass das ein Promo-Move sei und so.

Ein bisschen macht es schon den Anschein.

Ich kann dir versprechen: Das war so ein Stress – für keine Promo auf der Welt würde ich das machen wollen.

Warum findest du die neue Version besser?

Die Wortspiele – vorher das mit dem Volksmund, jetzt das mit 2019 und 33 – finde ich beide gut. Aber der neue Refrain ist dem Song dienlicher, weil er nicht von der Message ablenkt.

Schweigst du die alte Version jetzt tot?

Ich habe nichts gegen sie, die neue finde ich einfach besser. Und es gibt sicher einige Leute, welche die alte Fassung besitzen – das ist mir aber egal.

Verzichtest du nun auch in anderen Songs auf derbe Wörter und Wortbilder?

Nein. Das ganze neue Album ist schwierig, weil es meine Sicht auf die Gesellschaft ist und da gibt es Wörter oder Dinge, die man eigentlich gerne ausblenden möchte, die ich aber nicht ausblenden will. Und wenn Derbes passt, dann verwende ich es auch in Zukunft, darauf will ich nicht verzichten – sonst gibts ja nur noch den flachen Mainstream, der nirgends aneckt.

Fabers zweite Platte «I Fucking Love My Life» (Irrsinn/Universal) erscheint am 1. November

(L'essentiel/shy)

Der «Schwanz» weicht der «Menschlichkeit»

Vor der Änderung ging der Refrain von «Das Boot ist voll» so: «Geh auf die Knie, wenn ich dir mein Schwanz zeig / Nimm ihn in den Volksmund, blond, blöd, blau und rein.» Diese beiden Zeilen hat Faber durch folgende ersetzt: «Wenn sich 2019 33 wieder einschleicht / Wenn Menschlichkeit und Verstand deiner Wut weicht.» Die Lyrics «Besorgter Bürger, ja, ich besorgs dir auch gleich» hat er aber unverändert gelassen.

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