Heute Top, morgen FlopFacebook droht die MySpace-Falle
Das Netzwerk steht heute da, wo MySpace 2007 war: am Höhepunkt. Die Konkurrenz ist am Boden, doch das Wachstum verlangsamt sich und neue Rivalen stehen vor der Tür.

Facebook sitzt bequemer auf dem Social-Network-Thron denn je. Über 900 Millionen aktive Nutzer zählt das globale Netzwerk und seit dem Börsengang am Freitag ist der Konzern 104 Milliarden Dollar schwer.
Die Idee einer weltumspannenden Netz-Community war zwar nicht Mark Zuckerbergs Idee, der ehemalige Harvard-Student hat aber in den letzten Jahren fast alle Rivalen in die Nische gedrängt. Einzig in einigen asiatischen Ländern, Russland und teilweise Brasilien konnte sich die lokale Konkurrenz behaupten.
Untergang eines Pioniers
Anno 2004, als der Informatik- und Psychologiestudent die erste Version von «The Facebook» für seine Harvard-Kommilitonen online stellte, gab es bereits an diversen anderen Unis ähnliche Community-Projekte. Die Social-Network-Pioniere Friendster und MySpace gingen bereits 2002 respektive 2003 an den Start und zählten nach wenigen Monaten mehre Millionen Mitglieder.
Ende 2007 war MySpace auf dem Höhepunkt seiner Popularität angelangt. Rund 220 Millionen Menschen loggten sich regelmäßig ein. Bereits im Mai 2008 wurde MySpace aber als größtes Soziales Netzwerk von Facebook abgelöst. Seit der Wachablösung laufen die Mitglieder scharenweise zu Facebook über, allein 2010 verlor MySpace knapp 50 Millionen Nutzer. Ende 2011 sollen noch rund 30 Millionen Nutzer aktiv gewesen sein.
Facebook ist heute dort, wo MySpace vor vier Jahren war. Nach Jahren des schnellen Aufstiegs verlangsamt sich das Wachstum nun (siehe Bildstrecke). Bis heute ist es keinem sozialen Netzwerk gelungen, seine Mitgliederzahlen langfristig zu halten. Droht Facebook also das gleiche Schicksal wie MySpace? Nur die Zeit wird diese Frage beantworten können.
Google+ auf verlorenem Posten
Dass es enorm schwierig ist, gegen Zuckerbergs 900-Millionen-Community zu bestehen, muss derzeit auch Google erfahren. Trotz des Bekanntheitsgrads der Suchmaschine steckt Google+ knapp ein Jahr nach der Lancierung im Quotentief. Zwar vermeldete Google unlängst 170 Millionen GooglePlus-Nutzer, die wenigsten davon dürften indes aktiv sein. Die meist männlichen Nutzer verbringen angeblich nur wenige Minuten pro Monat im sozialen Netzwerk. Das «Wall Street Journal» bezeichnete Google+ im Februar daher bereits als «Geisterstadt».
Google selbst äußert sich nicht dazu, wie viele Nutzer wirklich aktiv sind. Der Popularitäts-Index (siehe Bildstrecke) enthüllt jedoch, dass das soziale Netzwerk Google+ nach dem gewaltigen Hype bei der Lancierung nur noch selten bei Google gesucht wird.
Twitters langsamer Aufstieg
Mit seinen auf 140 Zeichen begrenzten Kurzbotschaften grenzt sich Twitter deutlich vom Gemischtwarenladen Facebook ab. Die Strategie trägt langsam Früchte. Twitter erreicht zwar noch nicht die gleichen Massen wie Facebook, wächst aber seit 2006 kontinuierlich. Vor allem Medien, Blogger, Politiker und Prominente nutzen die Facebook-Alternative als Vermarktungs-Werkzeug in eigener Sache. Sechs Jahre nach dem Start hat Twitter laut eigenen Angaben 140 Millionen aktive Nutzer, und spätestens seit 2011 ist auch hierzulande deutlich mehr Gezwitscher im Netz zu vernehmen.
Pinterest: Der neue Star?
Facebook auf breiter Front Konkurrenz zu machen, wird in nächster Zeit schwierig sein. In der Nische bleibt jedoch Raum für spezialisierte Netzwerke. Einen kometenhaften Aufstieg legte in den letzten Monaten Pinterest hin. Die Nutzer können Bilder von allen erdenklichen Produkten mit Beschreibungen an virtuelle Pinnwände heften. Zu den beliebtesten Themen gehören Essen, Design oder Ferien. Pinterest schlägt vor allem bei Frauen ein, die zwei Drittel der Nutzer ausmachen sollen.
Ein Blick auf den Popularitäts-Index verrät jedoch, dass der Stern schon bald verglühen könnte. Die Suchanfragen nach Pinterest bei Google sind seit einigen Wochen bereits wieder am Sinken.
( L’essentiel Online / Oliver Wietlisbach )