Auch Nichtnutzer im Visier – Facebook will noch mehr Daten verwenden

Publiziert

Auch Nichtnutzer im VisierFacebook will noch mehr Daten verwenden

Das Netzwerk verschärft die Spielregeln – wie immer, ohne die User zu informieren. Wer Facebook weiter nutzt, ist einverstanden. Oder selbst schuld.

Laut Facebook tragen die Änderungen «zum besseren Verständnis der Funktionsweise von Facebook» bei. Kritiker sind anderer Ansicht. (Bild: Keystone)

Laut Facebook tragen die Änderungen «zum besseren Verständnis der Funktionsweise von Facebook» bei. Kritiker sind anderer Ansicht. (Bild: Keystone)

Dicke Post für die Facebook-Nutzer. Wobei «Post» das falsche Wort ist. Denn das würde ja bedeuten, dass man persönlich über etwas Wichtiges benachrichtigt wird.

Bei Facebooks jüngstem Streich ist das anders: Praktisch durch die Hintertür ändert das weltgrößte soziale Netzwerk die Spielregeln. Auf der Facebook-Website hat der US-Konzern ein ellenlanges Dokument zu den neuen Nutzungsbestimmungen aufgeschaltet.

Die Möglichkeit genommen, selbst zu entscheiden

Die europäischen Datenschützer reagieren entsetzt. Den Facebook-Mitgliedern werde die Möglichkeit genommen, selbst zu entscheiden, ob ein Update installiert werde oder nicht. Zudem werde das Übermitteln von Nutzerdaten zwischen den verschiedenen Facebook-Anwendungen (Apps) erleichtert. Diese sensiblen Informationen sind bekanntlich der Rohstoff, mit dem Facebook seine Werbemillionen verdient.

Die Erklärung eines Schweizer Datenschützers fällt deutlich aus: «Im Westen nichts Neues.» Facebook habe noch nie etwas zu Gunsten seiner Nutzer verbessert. «Neu ist unter anderem, dass die folgenden Bestimmungen für Nutzer sowie Nicht-Nutzer, die mit Facebook außerhalb der USA interagieren, gelten.»

Das seien beispielsweise Personen, die auf eine Homepage gehen, welche den Like-Button eingebunden haben und damit ohne es zu wissen mit Facebook «interagieren». Für sie gelte, dass sie einverstanden seien, dass die Daten in die USA weitergeleitet, dort verarbeitet und kommerziell genutzt werden.

Frist für Änderungen abgelaufen

Wer Facebook weiterhin nutzt, erklärt sich automatisch einverstanden mit den Änderungen im Kleingedruckten. Änderungen wohlgemerkt, die seit dem 15. März auf der Facebook-Seite zur Diskussion gestellt worden sind. Zahlreiche Nutzer haben darauf mit einem ablehnenden Kommentar reagiert. Doch die überwiegende Mehrzahl der 800 Millionen Mitglieder dürfte davon nichts mitbekommen.

Bis Freitag, 1 Uhr, konnte man Änderungsvorschläge machen, dann endete die von Facebook gestartete «Vernehmlassung» der Nutzer. Sollten mehr als 7000 Kommentare zu einer Änderung eingehen, wollte der US-Konzern mehrere Varianten zur Abstimmung bringen. Bis am Donnerstagnachmittag waren es gerade mal 550 Kommentare, meist negativen Inhalts. Zudem gälte auch noch die Hürde, dass eine solche Abstimmung nur verbindlich würde, wenn sich 30 Prozent der weltweiten Facebook-Nutzer daran beteiligen. Kritiker sprechen von einer Farce.

Facebooks Datenverwendungs-Richtlinien seien nicht mit europäischem Datenschutzrecht vereinbar, meinen Datenschützer. Zudem habe Facebook die seit Monaten von Datenschützern weltweit geäußerte Kritik zu verschiedenen Aspekten nicht aufgegriffen. Auf der Website des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein können die Kritikpunkte im Detail nachgelesen werden.

Facebook verpasse es, das Recht der Nutzer, selbst über den Umfang der Datenverwendung zu entscheiden, «hinreichend zu beachten und technisch umzusetzen», zitiert «Spiegel Online» den Hamburger Datenschützer Johannes Caspar.

Man muss «Fan» werden

Fakt ist: Facebook-Nutzer werden nicht automatisch informiert, wenn wichtige Änderungen geplant sind. Vielmehr muss man ein «Fan» der sogenannten «Facebook Site Governance»-Seite werden, um auf Änderungen vorab hingewiesen zu werden.

Das US-Medium «TechCrunch» hat ganze Arbeit geleistet und zeigt sämtliche Änderungen farblich markiert in einem PDF-Dokument, das bei Scribd abrufbar ist. Dabei handelt es sich um die originalen Facebook-Nutzungsbedingungen auf Englisch.

(L'essentiel Online/dsc)

Deine Meinung