Umstrittene Forderung – Flüchtlingskinder sollen deutsche Werte lernen

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Umstrittene ForderungFlüchtlingskinder sollen deutsche Werte lernen

Die Union will, dass Flüchtlingskinder die Prinzipien des Rechtsstaats lernen. Lehrer meinen: Auch deutsche Schüler haben Nachholbedarf.

CDU und CSU wollen für Kinder von Flüchtlingen einen Wertekunde-Unterricht an Schulen einführen. Insbesondere für Flüchtlingskinder sei die «Beschäftigung mit dem deutschen Rechtssystem und der Werteordnung des Landes wichtig», heißt es in dem Entwurf eines Beschlusspapiers der Unions-Fraktionsspitzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Montag in Frankfurt am Main, sie unterstütze den Vorschlag, verwies aber auf die Zuständigkeit der Länder.

In dem der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Entwurf heißt es, dass der Wertekunde-Unterricht der Regelschule vorgeschaltet werden sollte. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) regte an, die Rechtsstaatsklassen auch für erwachsene Flüchtlinge anzubieten. «Wer hierher kommt, muss die Grundlagen, die unser Land und die Gesellschaft prägen, möglichst früh erfahren», sagte er.

Gewerkschaft ist dagegen

Die Integration derer, die in Deutschland bleiben könnten, habe «nicht zuletzt zur Wahrung des gesellschaftlichen Friedens» Priorität, heißt es in dem Entwurf.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lehnt einen eigenständigen Wertekunde-Unterricht für geflüchtete Kinder ab. «Das ist kontraproduktiv, weil die Schülerinnen und Schüler separiert statt integriert werden», sagte die Bundesvorsitzende der GEW, Marlis Tepe, der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (NOZ). «Das Themenfeld kann im Sprachunterricht bearbeitet werden.»

Lehrer: Unterricht auch für deutsche Schüler

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), begrüsst den Unionsvorschlag, ist aber dagegen, den Unterricht auf Flüchtlingskinder zu begrenzen. Die «Begeisterung für Demokratie und Rechtsstaat, für Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und Menschenrechte» müsse «allen Kindern und Jugendlichen von Kindesbeinen an vermittelt werden», sagte Widmann-Mauz der «Passauer Neuen Presse».

Der gleichen Ansicht ist der Deutsche Lehrerverband. Verbandschef Heinz-Peter Meidinger sprach sich in der NOZ gegen eine Trennung dieses Unterrichts aus. «Ich bin dafür, diesen Werte-Unterricht in den Gesamtlehrplan zu integrieren», sagte Meidinger. Auch bei deutschen Schülern würden die Themen Grundgesetz, Rechtsstaatsprinzip und Demokratie «leider derzeit ganz kleingeschrieben». Erst ab der 10. Klasse gebe es an den meisten Schulen Politikunterricht mit nur wenigen Schulstunden.

(L'essentiel/mlr/afp)

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