Lange verbotenFußballerin schreibt WM-Geschichte – Mit ihrem Hidschab
Marokko gewann am Sonntag mit 1:0 gegen Südkorea und hat damit noch Chancen auf das WM-Achtelfinale. Für Aufsehen sorgte vor allem die Marokkanerin Nouhaila Benzina.

- von
- Nils Hänggi
Nouhaila Benzina sorgt im Spiel gegen Südkorea für ein Novum. Und das nicht nur, weil die Marokkanerin Teil des ersten arabischen Frauen-Teams ist, das bei einer Frauen-WM startet und historische drei Punkte einfährt. Die Fußballerin ist die erste Spielerin, die an einer Weltmeisterschaft einen Hidschab, also ein islamisches Kopftuch, trägt.
Öffentlich reden wollte die 25-Jährige Verteidigerin nach dem Spiel nicht und eine Anfrage von 20 Minuten lehnt der marokkanische Fußballverband mit Verweis auf den vollen Terminkalender ab. Auf Instagram jedoch postet die 25-Jährige unzählige Bilder von sich mit einem Hidschab. Dem Fernsehsender Al-Jazeera erzählt sie vor der WM, dass sie ihr Land einfach stolz machen wolle.
«Der Hidschab ist Teil unserer Identität»
Assmaah Helal, eine Mitbegründerin des Muslim Women’s Sports Network, sagt gegenüber der AP: «Mädchen schauen Benzina an und denken: ‹Das könnte ich sein›.» Und weiter: «Ich denke, es ist wichtig, zu verstehen, dass der Hidschab ein wesentlicher Bestandteil einer muslimischen Frau ist, falls sie sich dafür entscheidet, ihn zu tragen. Er ist Teil unserer Identität.» Sie hoffe, dass nun auch alle politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger merken würden, dass der Hidschab kein Problem sei.

Dank der historischen ersten drei Punkte steht die Tür zum Achtelfinale weit offen – gegen Kolumbien hat die Fußballerin mit ihrem Heimatland alles in eigener Hand.
Benzina bestritt ihr erstes Länderspiel 2018 gegen Burkina-Faso. Sie stand bei 17 Partien auf dem Feld. Im Testspiel gegen die Schweizerinnen vor der WM (0:0) kam sie nicht zum Einsatz. Ihre Fußballschuhe schnürt sie für ASFAR Rabat – einem der erfolgreichsten marokkanischen Clubs (31 Titel). Benzina zählt zu den Leistungsträgerinnen.
Wegen Erstickungsgefahr war Hidschab verboten
Brisant: Der Hidschab war von der Fifa nicht immer erlaubt. 2011 wurde zum Beispiel das iranische Fussball-Frauenteam wegen der Kopftücher vom Olympia-Qualifikationsspiel in Jordanien ausgeschlossen. Die Fifa führte «Gesundheits- und Sicherheitsbedenken» an. So begründete der Verband, dass eine Erstickungsgefahr vorliege. Helal: «Das Verbot hat den muslimischen Frauen, insbesondere denen, die Hidschabs tragen, eine starke Botschaft vermittelt, nicht dazuzugehören.»
Im Jahr 2014 hob die Fifa das Verbot von Kopfbedeckungen auf. Seither gab es vor allem viel Entwicklung. 2018 lancierte Nike zum Beispiel einen Hidschab für die Sportwelt. Nach dem historischen Auflaufen von Benzina teilt Fifa-Boss Gianni Infantino nun auf Instagram mit: «Fußball ist inklusiv, tolerant, universell und vielfältig.» Dazu postet er ein Foto der Fußballerin.
Alles gut also? Nicht ganz. Zuletzt kam es in der Sportwelt auch zu Rückschlägen – etwa in Frankreich. Beim Nachbarn hat das höchste Verwaltungsgericht erst in diesem Frühling das Schleierverbot auf dem Fußballfeld bestätigt.
Eine Beschwerde von Sportlerinnen, die einen Hidschab tragen wollten, wurde abgewiesen. Damit ist der französische Fußballverband laut The Athletic der einzige Verband weltweit, der Spielerinnen wegen des Tragens der islamischen Kopfbedeckung sperrt.
Benzina kümmert das nicht. Sie hat anderes im Kopf. Denn dank der historischen ersten drei Punkte steht die Tür zum Achtelfinale weit offen – gegen Kolumbien hat die Fußballerin mit ihrem Heimatland alles in eigener Hand.