InfrastrukturprogrammG7 wollen China isolieren – Brexit stört Harmonie
Die Regierungsoberhäupter der westlichen Staaten wollen künftig ärmere Länder bei Infrastrukturprogrammen unterstützen. Damit wollen sie China Konkurrenz machen.

Im südenglischen Cornwall treffen sich die wichtigsten Industrienationen der Welt – die G7. Am zweiten von drei Konferenztagen haben sich die Regierungsoberhäupter auf einen gemeinsamen Investitionsplan für ärmere Länder geeinigt, der als Gegengewicht zu China fungieren soll. Auch über die Bekämpfung von künftigen Pandemien haben sich die Staats- und Regierungschefs ausgetauscht. Innerhalb des westlichen Bündnisses gibt der Brexit nach wie vor viel zu reden.
Vereinte Front gegen China
Das Bündnis, bestehend aus Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Italien, den USA, Kanada und Japan hat beschlossen, einen weltweiten Infrastrukturplan zu finanzieren. Die Staats- und Regierungschefs sieben führender Industrienationen wollen damit ärmeren Ländern «werteorientierte, hochwertige und transparente» Partnerschaften anbieten, wie das Weiße Haus mitteilte.
Der Infrastrukturplan für ärmere und aufstrebende Länder wurde auf Initiative von US-Präsident Joe Biden beschlossen. Er soll ein Gegenentwurf zur «Neuen Seidenstraße» sein, über die Peking den Ausbau von Verkehr-, Handels- und Industrie-Infrastruktur in zahlreichen Ländern vorantreibt. Die Gruppe der Sieben hat zum Gipfel auch die Staats- und Regierungschefs Australiens, Indiens, Südkoreas und Südafrikas eingeladen.
Nordirland-Frage sorgt für Verstimmungen bei den Europäern
Spannungen sind am Gipfel zwischen Großbritannien und den europäischen Staaten zu vernehmen. Dabei geht es um den Brexit. Der französische Präsident Emanuel Macron forderte am Samstagmorgen einen Neustart der Beziehungen. Dafür müsse Großbritannien allerdings Wort halten, was die im vergangenen Jahr getroffenen Vereinbarungen angehe. London hatte angekündigt, in der Frage der irischen Grenze noch einmal nachverhandeln zu wollen. Vor einigen Wochen war es zudem zu Auseinandersetzungen britischer und französischer Fischer vor der Küste britischer Inseln gekommen.
Der britische Premier traf sich auch mit der Spitze der EU, die in der Person von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel ebenfalls in Cornwall ist. Die beiden forderten die Regierung in London auf, sich an die Vereinbarung über Warenkontrollen in Nordirland zu halten. Diese wiederum bat die Europäer ihrerseits um Kompromissbereitschaft.
G7 wollen gemeinsam künftige Pandemien bekämpfen
Auch die Corona-Krise ist am Gipfel Thema. Am Freitag hatte das Gremium angekündigt 1 Milliarde Impfdosen an ärmere Länder zu verteilen. Bei künftigen Pandemien wollen die Länder enger zusammenarbeiten, hat der britische Gastgeber Boris Johnson am Samstagmorgen verkündet.
Die sogenannte «Erklärung von Carbis Bay», die nach dem Tagungsort im Südwesten Englands benannt ist, enthält eine Reihe gesundheitspolitischer Zusagen. Zentral ist die schnellere Entwicklung und Zulassung von Impfstoffen sowie von Behandlungs- und Diagnosemethoden. Bei neuen ansteckenden Krankheiten soll dies künftig nicht länger als 100 Tage dauern.
Die Staats- und Regierungschefs wollen sich laut britischen Angaben zudem dazu verpflichten, ihre Kapazitäten zur Genomsequenzierung zu erhöhen, um gefährliche Virusvarianten schneller zu identifizieren. Mit Reformen soll außerdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestärkt werden.
Bereits vergangene Woche hatten die Finanzminister der Staaten ihre Pläne für eine weltweite Mindeststeuer für Unternehmen bekannt gegeben.
(L'essentiel/AFP/pme)